Simple Smart Buildings

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Transkript

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[0:00]Gedanken zum abgeschirmten Parken. Das dritte Muster, das sich mit dem Parkplatz, mit dem Parkraumthema auseinandersetzt, nennt Christopher Alexander abgeschirmtes Parken. Da nähert er sich eigentlich sehr pragmatisch dem Thema. Er sieht den Autoverkehr quasi als ein noch notwendiges Übel und stellt Überlegungen an, wie dieses notwendige Übel, die Notwendigkeit des Parkraums, die Notwendigkeit des Unverkehrs am besten zu bewältigen ist. Er erklärt das auch sehr pragmatisch, indem er schreibt, ja es besteht ja eine große Abhängigkeit vom Auto und diese Abhängigkeit vom Auto, ich glaube, die muss ich jetzt nicht näher erläutern, die ist ja hinlänglich bekannt. kann. Für mich ist so der Gegenbegriff zur Abhängigkeit die Freiheit und eigentlich hat ja das Auto in sich die Verheißung der Freiheit.

[1:16]Also wenn ich ein Auto besitze, wenn ich ein Auto benutze, bin ich frei, mich nach Belieben zu bewegen. Aber offenkundig ist diese Freiheit auch in eine Abhängigkeit gekippt.

[1:31]Da fallen mir zwei sehr interessante Gedanken aus der Vergangenheit ein.

[1:38]Es ist einmal ein Gedanke, den Henry David Thoreau formuliert hat. Thoreau gilt ja als einer der Vordenker der Grünbewegung. Thoreau lebte in der Mitte des 19. Jahrhunderts in den USA. Thoreau machte sich auch zur Mobilität sehr interessant Gedanken. Er lebte in einer Kleinstadt an der Ostküste der USA, wenn ich es richtig im Kopf habe, in der Nähe von Philadelphia und er plante eben aus dieser Kleinstadt, aus diesem kleinen Ort in die große Stadt zu reisen und er erkundigte sich nach dem Preis einer Fahrkarte für die Eisenbahn und stellte dann die Überlegung an, wie lange er arbeiten musste, um zu reisen. Diese Fahrkarte kaufen zu können. Und da stellte sich heraus, er musste über einen Tag arbeiten, um den Geldbetrag als Arbeitslohn zu bekommen.

[2:39]Und die Wegzeit, wenn er diesen Weg zu Fuß zurücklegt, war kürzer als die Arbeitszeit. Und er hat natürlich dann die Konsequenz daraus gezogen, hat eben nicht gearbeitet, um sich eine Fahrkarte zu kaufen, sondern ist zu Fuß gegangen. Er hat möglicherweise bei dem Fußmarsch, durch das natürlich damals noch sehr ländliche Amerika vielleicht auch sehr viele schöne Dinge gesehen. Eine ganz ähnliche Überlegung stellt ein weiterer Grün-Vordenker aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, Ivan Illich, vor.

[3:19]Und Ivan Illich überträgt dieses Sorosche Modell auf das Auto. Und er fragt sich, wie viel kostet mir das Auto, wenn ich ehrlich rechne, wenn ich mir nicht selbst in die Tasche lüge, wenn ich also auch laufende Kosten wie neue Reifen, Service, aber auch die Abschreibung für die Anschaffung des Autos in Betracht zähle. Also wenn ich mir nicht in die Tasche lüge, wie lange muss ich arbeiten.

[3:52]Um diese Leistung Auto erwerben zu können? Und er rechnet es dann sehr interessant in Geschwindigkeit um. Also er überlegt, wie viel kostet im Durchschnitt ein Auto, wie viele Kilometer legt man da zurück und quasi wie viele Stunden muss man arbeiten, um mit dem Auto einen Kilometer zurückzulegen. Und er kommt bei seiner Rechnung auf etwa 15 Minuten Arbeitszeit, um mit dem Auto einen Kilometer zurückzulegen. Wenn man das jetzt auf eine Geschwindigkeit hochrechnet, diese Viertelstunde, dann erreicht man quasi diesem Rechenmodell eine Geschwindigkeit von vier Kilometern pro Stunde. Das heißt, man ist etwa gleich schnell, als wenn man ginge. Also das ähnliche Ergebnis wie bei Henry David Thoreau. Eben, man ist nicht schneller, wenn man ein beschleunigendes Verkehrsmittel benutzt.

[4:59]Diese Rechnung ist natürlich plakativ, man müsste sie wirklich individuell umrechnen, mit seinen eigenen Kosten, mit seiner eigenen Nutzung. Aber ich denke, es wäre ein durchaus interessanter Wert. Also das waren jetzt so zwei vielleicht ein bisschen wegführende Gedanken zur Freiheit oder zur Abhängigkeit vom Auto.

[5:22]Alexander schreibt eben, es besteht eine große Abhängigkeit vom Auto Und da ist einfach eine pragmatische Lösung für das Abstellen des Autos erforderlich. Und er stellt ja schon zwei Muster vor, die habe ich auch hier schon in vorangegangenen Episoden beschrieben. Es ist einerseits das Muster 22, 9% Parkplätze, dass man also für ein relativ kleines Gebiet eine Maximalfläche für Parkplätze überhaupt vorsieht. Und das Muster 103, das habe ich auch schon in einer vorangegangenen Episode besprochen, da geht es um die kleinen Parkplätze, da geht es um die magische Zahl 7, dass so 7 plus minus 1 so die ideale Anzahl von nebeneinander parkenden Autos ist, dass da mehr oder weniger noch ein menschliches Maß erreicht wird. Wenn jetzt aber aus diesen pragmatischen Gründen meistens kommerzielle Interessen nicht dahinterstehen, das sind Einkaufszentren dort, wo viele Leute mit dem Auto hinfahren. Da gibt es eben einerseits große Parkflächen, aber auch Parkhäuser. Und diese massive Ansammlung von Autos hat eben durch ihre Unmaßstäblichkeit gegenüber den menschlichen Maßstäben.

[6:48]Keine Qualität von sozialen Räumen, wo wir uns als Menschen wohlfühlen. Und es gibt eben Untersuchungen, man geht durch solche Unorte wesentlich schneller durch, weil man sich einfach nicht wohlfühlt.

[7:06]Aber aus seinen wirklich pragmatischen Überlegungen schreibt Alexander dann, dann trotzdem ist es notwendig, auch in diesen Unorten, in diesen Parkhäusern Orientierung zu bieten. Also es geht einerseits um die Orientierung des Hinfahrens, das heißt, man hat ja ein Ziel, wo man sich hinbewegen möchte, das ist zum Beispiel ein ganz bestimmtes Haus und man sucht einen Parkplatz, also man hat einerseits das Ziel im Auge, andererseits aber auch das Bedürfnis nach dem Parkplatz. Das heißt, wenn jetzt das Parken abgeschirmt ist, also wenn man die Autos nicht sieht, was man ja aus ästhetischen Überlegungen nicht möchte, dann ist es ja viel, viel schwieriger, den Parkplatz zu finden. Ein Parkplatz, der nicht abgeschirmt ist, wo sehr viele Autos stehen, der ist natürlich auch leicht zu finden, aber er ist halt nicht schön. Da schlägt er eine Torsituation vor. Das kommt auch schon in diesem Muster. Kleine Parkplätze, wo eben die Autos zum Beispiel in einem Hof geparkt werden und auch bei abgeschirmten Parkplätzen schlägt Alexander vor, dass zwar die Kraftfahrzeuge vom Blick abgeschirmt sind, das aber nicht.

[8:23]Einfahrt zum Parkplatz sehr klar ersichtlich ist und da ist ein sehr starkes architektonisches Zeichen das Tor. Wobei für mich hier der Widerspruch besteht und denken Sie an diese klassischen Parkhäuser, die sind natürlich vom Platzbedarf ausgereizt. Die sind zum Beispiel extrem niederkonzentriert. Also mich irritiert in diesen Parkhäusern auch immer diese niedrige Raumhöhe bezogen auf die große Fläche. Also für mich stimmen die Proportionen der Ebenenausdehnungen, also der XY-Ausdehnung mit jenen in Z-Richtung nicht zusammen. Die sind zu nieder und oft sind auch diese Tore zu nieder. Und wenn ich jetzt an klassische Torsituationen in der Architektur als Zeichen denke.

[9:16]Dann ist natürlich für ein Tor, das zeichenhaft als Tor wirken sollte, auch eine Höhe erforderlich, eine entsprechende Höhe. Und das denke ich, das ist für die Planenden sicher eine interessante Gestaltungsaufgabe. Wie schafft man es einerseits in diesen niederen Gebäuden eine entsprechend hohe Torsituation hinzubringen. Oft ist ja so eine Parkgarage oft der heimliche Haupteingang ins Gebäude, also man nähert sich ja nicht mehr oder in den wenigsten Fällen in den für die Fußgänger gedachten Eingang, sondern man nähert sich quasi über die Hinterseite irgendetwas fast so wie ein Dienstboteneingang.

[10:02]Alexander fordert weiter zur Orientierung, nicht nur die Orientierung, wie komme ich ins Barkhaus hinein, sondern wie orientiere ich mich im Barkhaus. Das heißt, ich sollte eigentlich im Barkhaus schon den Ausgang aus dem Barkhaus sehen oder den Eingang zu jenem Teil des Gebäudes, wo ich hin möchte. Und da schlägt Alexander die Orientierung durch Tageslicht vor. Also dort, wo sich die Benutzer dieses Parkhauses hinbewegen sollten.

[10:35]Dort sollte auch Tageslicht sein. Und das ist ein eigenes Muster, ein Muster, das mir sehr wichtig ist. Und da freue ich mich eigentlich jetzt schon sehr darauf, das zu machen. Das ist das Muster Führung durch Hell und Dunkel. Aber das ist sicher eine eigene Episode wert. Für mich ein zum Beispiel sehr gut gelungenes Beispiel, Praxisbeispiel für dieses abgeschirmte Parken, das ist die Stadt Hall in Tirol. Hall ist eine uralte Bergwerkstadt, eine Salinenstadt in Tirol mit einem wunderschönen historischen Ortszentrum und da sind die Parkplätze tatsächlich so abgeschirmt, dass sie unterirdisch unter dem Stadtplatz angelegt sind. Das heißt, in Hall werden Sie kaum Autos finden, die offen, sichtbar herumstehen oder eben in einem Prozentsatz unter den erträglichen 9%. Und so hat sich hier ein historisches Stadtzentrum erhalten.

[11:38]Das aber, weil es eben mit diesem abgeschirmten Parkplatz im Untergrund so gut verknüpft ist, belebt ist und dort gibt es in diesem alten Ortszentrum tatsächlich noch viele belebte Geschäfte. Also für mich war Hall in Tirol eigentlich sehr, sehr wohltuend zu sehen, dass diese Konzepte tatsächlich funktionieren. Im Regelfall stehen, wie schon einmal jetzt kurz erwähnt, diese Parkplätze oft mit Geschäften in Verbindung, oft mit kommerziellen Nutzungen. Und da schlägt eben Alexander vor, dass man Geschäfte so anordnet, dass sie einen Hof bilden und quasi im Hof die Fahrzeuge abgestellt sind. Also nicht so wie wir es von den Shopping-Malls kennen, dass eigentlich die Begrüßung der große Parkplatz ist und dann sind irgendwo die Geschäfte. Alexander schreibt schon, es geht darum, einfach eine Belastung der Umwelt zu vermeiden und er sieht definitiv die zu vielen Autos als Belastung. Er vergleicht sie. Mit den Giftstoffen in unserem Körper. Und in unserem Körper sind ja die Giftstoffe auch möglichst isoliert. Das heißt, ich finde den Gedanken aus der Medizin sehr interessant.

[13:07]Der unser Verdauungssystem den äußeren Organen wie der Haut zuordnet. Denn wenn wir es realistisch sehen, vom Mund bis zum Anus, besteht ja eine Außenverbindung unseres Verdauungssystems und wir sollten unseren Körper eher so wie ein dickwandiges Rohr sehen und der Innenraum dieses Rohrs ist das Verdauungssystem, wo die Giftstoffe, die wir einnehmen, so vom Körper abgesondert sind, dass sie nicht in den Blutkreislauf oder gar ins Gehirn eindringen können. Und ähnlich mit diesem sehr starken Bild möchte oder schlägt Alexander vor, dass man gegen die zu vielen Autos vorgeht, dass man die eben auch ähnlich wie in Rohre im Innenhöfe stellt, dass man Abschirm, dass man natürliche Geländeformationen wie Hügel oder was immer nimmt, um eben diese Autos möglichst aus dem Sichtfeld zu verbannen. Die große Hoffnung ist natürlich, und da gibt es auch Muster, wo er zum Beispiel städtische Nahverkehrszonen beschreibt, wo man letztlich durch einen sehr gut organisierten öffentlichen Verkehr möglicherweise doch Strukturen finden wird.

[14:35]Die in Zukunft diesen massiven Individualverkehr unnötig machen. Dass also dieses Muster abgeschirmtes Parken keine endgültige Lösung ist, sondern nur eine Zwischenlösung, solange wir noch die Autos brauchen.

[14:54]Solange wir noch von den Autos abhängig sind. Und dass wir es trotzdem schaffen, trotz der Autotauglichkeit, stete Lebensräume gestalten, wo das Kraftfahrzeug nicht unseren Lebensraum optisch dominiert.

Über diesen Podcast

Simple Smart Buildings steht für Gebäude die einfach und dauerhaft gebaut sind. Für die Generationen vor uns war es ganz normal mit einfachen Mitteln dauerhafte Gebäude zu errichten. Diese Art zu bauen hat sich über Jahrhunderte bewährt und wir können daraus lernen. In den verschiedenen Regionen entwickelten sich aus lokal vorhandenen Baustoffen resiliente Baukonstruktionen und Gebäudetypen, welche Jahrhunderte überdauert haben und gerade deshalb immer noch eine hohe Nutzungsqualität bieten. Dieser Podcast erzählt von Möglichkeiten einfach gut zu bauen.

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von und mit Friedrich Idam und Günther Kain

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