Friedrich Idam:
Heute zu Gast in Simple Smart Buildings, Reinhard Mair-Zeininger. Reinhard Mair-Zeininger ist von seiner Ausbildung her ursprünglich Techniker, hat dann an der TU ein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens absolviert, eher mit Schwerpunkt zur Entwicklung innovativer technischer Projekte, ist aber jetzt konfrontiert mit der historischen Bausubstanz. Er ist gerade dabei, mit seiner Frau eine 400 Jahre alte Mühle zu sanieren. Das Projekt stand jahrelang ungenutzt leer.
Friedrich Idam:
Die beiden sind im Projekt schon sehr weit gekommen. Ich hatte auf etwa einem Jahr die Möglichkeit, das Haus zu besichtigen. Wir haben uns ja über diesen Podcast Simple Smart Buildings kennengelernt und jetzt ist das Projekt schon so weit, dass die Innenputze schon fertig sind. Und diese Innenputze, denke ich, sind es wert, dass man darüber eine eigene Episode gestaltet. Reinhard, du hast bei der Herstellung dieser Innenputze dir sehr,
Friedrich Idam:
sehr viel Wissen über die Kalktechnologie angeeignet. Was willst du davon den Hörern und Hörerinnen von Simple Smart Buildings weitergeben?
Reinhard Mair-Zeininger:
Ja, hallo Fritz, danke vorerst mal für die Einladung zu deinem Podcast, über den wir uns ja auch kennengelernt haben. Wie du eingangs erwähnt hast, haben wir unser Projekt gestartet vor circa fünf Jahren. Es ist eine alte Mühle, es ist ein zum Teil aus Stein, zum Teil aus Ziegel bestehendes Haus mit einer Wandstärke von etwa zwischen 70 und 80. 75 Zentimeter, je nach Höhe des Raumes. Die Wände, die verjüngen sich auch nach oben hin. Außen komplett unverputzt natürlich. Also man sieht quasi die vor Ort händisch gebrannten Ziegel, Lehmziegel. Also es ist eine Lehmgegend. Und zum Thema Putze ist es eigentlich, das war natürlich von vornherein ein Thema. Zuerst beginnt man mit so einem Objekt, wo in unserem Fall die Wände verputzt waren. Also wie du sagst, lange leer gestanden, aber verputzt und auch noch eingerichtet. Das ist eigentlich ein wichtiger Punkt. Und wie wir uns dann entschlossen haben, das Objekt zu sanieren, haben wir zuerst mal begonnen, die alten Putze zu inspizieren. Weil darin kann man schon mal sehr viel über das Haus erfahren oder über die Beschaffenheit der Wände.
Friedrich Idam:
Um das Bild für unsere Hörerinnen und Hörer zu verdeutlichen, das Haus war außen unverputzt und es war auch euer Ziel, diesen Eindruck, die unverputzte Außenwirkung des Hauses zu erhalten. Die Innenwände hingegen waren ursprünglich bereits alle schon verputzt.
Reinhard Mair-Zeininger:
Außen ist die Fassade wie vor wahrscheinlich 300 Jahren, 400 Jahren, je nachdem. Also es sind nicht alle Bereiche gleich alt und das wollen wir auch so lassen. Also das Haus hat immer schon diese optische Erscheinung gehabt und das soll auch so bleiben. Abgesehen von den Fenstern natürlich und einigen Verschönerungen. Aber zurück auf die Innenputze dann, die waren eben zum Teil erneuert mit einem wirklich ganz üblichen Zementputz. Und zum Teil waren die alten Putze drauf mit offensichtlich Kalkputz, mit vielen Schichten an Farben. Das werden die meisten Altbausanierer kennen, dass einfach diese Schichten der Farben sehr viel Geschichte erzählen, also der Wandfarbe. Und der erste Schritt war eigentlich, dass wir mit einem handelsüblichen Stemmgerät mal verschiedene Stellen untersucht haben. Der Kalkputz fällt natürlich sofort auf, weil er sehr weich ist im Vergleich zum Zementputz. Also der lässt sich relativ leicht von der Wand stemmen und unser Ziel war auch komplett alle Wände vom Putz zu befreien. Eben aus dem einen Grund, dass es verschiedene Putzvarianten gibt, gab in dem Haus, muss man sagen. Und der Kalkputz. Zum anderen, weil wir es einfach neu machen wollten. Also es gab Stellen, es gibt keinen Keller, es sind erdberührte Fundamente, somit gibt es im Fundamentbereich, Außenmauerbereich, feuchte Stellen, das wird auch so bleiben.
Reinhard Mair-Zeininger:
Wir kriegen das durch eine Wandheizung in den Griff oder Sockelheizung. Aber man hat schon gesehen, wo zum Beispiel der Küchenverbau war.
Reinhard Mair-Zeininger:
Dahinter gab es Schimmel. Also das muss man ganz ehrlich sagen, weil so alte Häuser, die haben halt da und dort mal ein Problem. Und das ist aber meistens behebbar. Also zum Beispiel ist es nicht sinnvoll, so eine Außenwand, die offensichtlich etwas feucht ist, einfach komplett zu verbauen. Das machen wir jetzt auch nicht mehr. Weil das war vielleicht den Vorgängern in dem Haus einfach nicht wichtig oder wie auch immer. Und daraus lernt man gleich mal beim alten Putz, wo ist es anfällig. Und wenn man den Putz runterstemmt, sieht man auch gleich oder sehr schnell, wo ist die Wand feucht. Und genau, das war mal der erste Schritt, dass wir die verschiedenen Putzvarianten überprüft haben, die drinnen waren. Die Mauern mit Kalkputz, mit altem Kalkputz, waren tendenziell in einem viel besseren Zustand als die Wände, die mit einem modernen Zementputz vor wahrscheinlich, würde ich mal sagen, 40 Jahren verputzt worden sind, neu verputzt worden sind. Also der war zu dick, der war kalt, dahinter war es feucht, eindeutig Feuchtigkeit eingesperrt.
Friedrich Idam:
Und das ist ja quasi eins dieser Prinzipien der Simple Smart Buildings, einfach unvoreingenommen an einem Objekt zu untersuchen, welche Systeme haben sich in dieser ganz spezifischen Umgebung am besten bewährt.
Reinhard Mair-Zeininger:
Genau, also das fasziniert mich auch an deiner Herangehensweise, definitiv. Also ich kann dieses Konzept der Simple Smart Buildings oder Simple Smart Materialien, wie man es immer verteilen will, kann ich absolut unterstreichen.
Friedrich Idam:
Du hast also ganz spezifisch an verschiedenen Stellen des Hauses und ganz gezielt auch mit Augenmerk darauf, welche Art von Putzen, welche Materialien sind, dort eingesetzt gewesen oder waren dort vorhanden. Hast du dann mehr oder weniger mit einer technischen Herangehensweise zu objektivieren versucht, was hat sich am besten bewährt?
Reinhard Mair-Zeininger:
Wir haben mehr oder weniger drei bis vier verschiedene Varianten dann unterm Strich gehabt. Das war Kalkputz in einem perfekten Zustand oder in einem sehr guten, trockenen, festen Zustand. Kalkputz in einem leicht feuchten Zustand. Zementputz in einem, würde ich mal sagen, okay Zustand und Zementputz in einem wirklich feuchten und schlechten Zustand.
Reinhard Mair-Zeininger:
Man merkt sich, man kennt so ein Haus dann irgendwann mal sehr gut, weil man da so viel Zeit damit verbringt, Putz von der Wand zu stemmen oder was auch immer. Man merkt sich dann die Stellen ganz gut. Ich würde trotzdem immer empfehlen, dokumentieren am einfachsten mit Fotos. Also ich schreibe selber auch nicht viel auf, muss ich sagen. Ich mache einfach viel Fotos. Und wenn ich mal was aufschreibe,
Reinhard Mair-Zeininger:
dann mache ich ein Foto von dem Zettel, wo ich das aufgeschrieben habe. Weil es ist oft so, in dem Moment versteht man ein System und bringt es zu Papier. Und ja, das ist dann gut, wenn man es gleich irgendwie dokumentiert. Und ja, dann war eigentlich schnell klar, wir stemmen den kompletten Innenputz an allen Wänden, ohne Rücksicht, ob er jetzt gut ist oder schlecht. Also richtig gut war er nirgends, das muss ich auch dazu sagen. Weil das hätte vielleicht uns dazu gebracht, dass man eine Wand auch mal unbehandelt lässt und die vielleicht nur ein bisschen saniert. Aber es war schon nötig, dass wir wirklich alle Putze runterstemmen. Und gerade beim Kalkputz geht es sehr einfach. Also mit einem breiten Meißel, das ist wie Butter. Man braucht kein schweres Gerät. Ganz anders sieht es beim Zementputz aus. Wenn der hält und vielleicht auch noch dick oder zu dick ist, dann kann es sehr mühsam werden.
Friedrich Idam:
Das ist ja eine der Stärken des Systems, Mauerwerk mit Kalkmörtel zu binden oder mit Kalkmörtel zu verputzen, weil einfach die Zerlegbarkeit des Systems ganz einfach funktioniert, während Zementputze ja letztlich eine unnötig hohe Bindekraft besitzen.
Reinhard Mair-Zeininger:
Für einen Putz ist, bin ich deiner Meinung, die Bindekraft viel zu hoch und vor allem auch die Elastizität bei so einem alten Haus zu, der ist einfach zu starr. Also wenn es wo einen Riss gibt, die Spannung muss sich irgendwo entladen. Von dem her ist ein Riss nicht unbedingt negativ. Ich glaube, ein Riss ist oft nur ein optisches Problem. Aber ein Kalkputz ist meiner Meinung nach viel besser darin, auch elastisch Kräfte aufzunehmen und vielleicht nicht gleich zur Rissbildung zu führen. Also das war dann der erste Schritt von unserem Projekt oder einer der ersten Schritte, dass wir komplett den Putz von den Wänden stemmen. Und das war beim Kalk sehr einfach auch zu entsorgen. Der bricht kleinteilig ab. Der Zementputz, der bricht mitunter auch in großen Platten ab. Also das ist in der Arbeit gar nicht so unpraktisch manchmal, weil er sich sehr klar trennt, aber... Wenn er dann irgendwo fester hält, kann mühsam werden und man beschädigt oft auch beim Zementputz das darunterliegende Mauerwerk. Und dieses Mauerwerk war bei uns innen oder ist innen eher Lehmziegel, die vielleicht sogar ungebrannt sind, also sehr, sehr weich, mit Kalkmörtel verbunden und das verträgt sich schlecht mit einem Zementputz. Das kann man, glaube ich, so sagen, dass diese beiden Materialien einfach von der Festigkeit etc. nicht aufeinander abgestimmt sind.
Friedrich Idam:
Ein Thema, das mir noch einfällt, was ja fürs Neuverputzen spricht. Aber grundsätzlich denke ich, wenn es möglich ist, einen wirklich gut haltbaren und in einem guten Zustand befindlichen Putz zu erhalten, sollte man denke ich grundsätzlich diese Möglichkeit immer in Betracht ziehen. Aber ein Thema sind ja die Installationen, die heutigen Komfortansprüche in Richtung Elektroinstallationen, Informationskabel, Wasser sind natürlich sehr groß und man muss bei so einem Umbau relativ viele Leitungen auch in der Wand verlegen, was ja dann wieder zu sehr viel Schlitzstemmarbeiten führt. Und da kann ich mir schon gut vorstellen, dass man sich dann zu diesem radikalen Schritt entscheidet, dass man sämtliche Putze entfernt.
Reinhard Mair-Zeininger:
Ja, absolut. Also das trifft es ganz klar. Wir haben auch beide Zwischendecken entfernen müssen. Das waren Dippelbaumdecken, also Holzdecken, massive Holzdecken, die mit Dübel verbunden waren und die waren zum Teil einfach schlecht. Es war klar, wir müssen beide Geschossdecken entfernen, also vom Erdgeschoss zum Obergeschoss und dann auch zum nicht genutzten Dachboden und von dem her hat es nur Sinn gemacht, auch die Putze komplett zu entfernen, auch in Hinsicht, wie du sagst, zu allen Leitungen, die dann notwendig waren. Also das Haus hatte zwar eine komplette Wasser-, Strom- und Heizungsverrohrung oder auch Kanalabfluss, die war aber zu erneuern. Also wenn man schon alles öffnet, dann würde ich dringend empfehlen, das je nach Zustand natürlich, aber das einfach auch zu erneuern. Und gerade druckbehaftete Leitungen im Wasserbereich, Elektro ohnehin, weil es einfach sehr sicherheitsrelevant ist. Und fürs gute Gefühl definitiv die Abflussverrohrungen. Und für uns war auch klar, die Radiatoren kommen raus. Auch diese Leitungen muss man aus den Wänden entfernen. Und wir wollen ein Niedertemperatursystem mit Fußbodenheizung, beziehungsweise unten im erdberührten Sockelbereich die Wandheizung. Von dem her, der Aufwand, das zu sanieren, wäre immens mit dem Ergebnis.
Reinhard Mair-Zeininger:
Dass man gewisse Leitungen nie gesehen hat, die mitunter vielleicht sehr alt oder beschädigt sind. Also das Risiko, wenn man so ein großes Projekt auch mit dem entsprechenden finanziellen Aufwand natürlich macht, ist es schon ein gutes Gefühl, wenn man dann jede Leitung neu macht, muss ich sagen. Also das ist schon, da bin ich schon sehr froh, dass wir das wirklich ganzheitlich erneuert haben.
Friedrich Idam:
Aber du konntest doch den finanziellen Aufwand zumindest in einem leistbaren Rahmen halten, indem du in Eigenleistung, natürlich mit Unterstützung deiner Frau, mit Unterstützung eurer Eltern, arbeitsmäßig eigentlich sehr, sehr viele Stunden in Eigenleistung in das Projekt eingebracht hast.
Reinhard Mair-Zeininger:
Die Unterstützung von Freunden, Familie etc. ist ein zentraler Punkt bei so einem Projekt, gerade wenn man es so betreibt wie wir, also wo wir einfach auch überall selber involviert sein wollen und auch selber ausführen wollen. Also wir haben wirklich nur Gewerke engagiert, wenn es notwendig war. Ich habe dann schon selber auch mit Baurecht etc., das darf man natürlich nicht außer Acht lassen, aber grundsätzlich basiert das sehr viel auf Eigenleistung und ja, man kann sich dadurch viel sparen. Weil gerade diese Themen wie Putzstämmen etc., das ist einfach auch was, das macht man einfach, das kann man selber machen. Mit ein paar Freunden macht es auch Spaß, das, Das ist definitiv auch zu empfehlen. Es ist auch eine Bereicherung, auch wenn es zum Teil harte Arbeit ist. Aber ja, man kann da auch sehr viel sparen dadurch und das bereitet auch irgendwo wieder Freude, wenn man sieht, durch Eigenleistung hat man das geschaffen und
Reinhard Mair-Zeininger:
gleichzeitig auch noch was gespart dabei.
Friedrich Idam:
Ihr seid also dann in einem entkernten Haus gestanden, ohne Zwischendecken, habt vom Erdgeschoss bis in den Dachstuhl gesehen, die Wände waren von Putz befreit und es war schon der Erkenntnisgewinn da, dass Kalkputz eigentlich die beste Lösung wäre. Aber da denke ich, müssten ja dann auch die Gedanken gekommen sein, ist das nicht sehr teuer? Kann das noch jemand? Wie bist du dann an dieses Thema herangegangen, dieses Ideal des Kalkputzes dann auch praktisch umzusetzen?
Reinhard Mair-Zeininger:
Die Wände waren dann nackt, weil freigestemmt. Wir haben einfach mal losgelegt. Das war auch gut im Nachhinein. Und wir haben dann, also ich muss auch sagen, ich glaube, es ist gut für so eine Wand, nach so vielen Jahren auch mal wieder keinen Putz zu tragen. Die hat dann wirklich auch mehrere Monate, eigentlich Jahre, keinen Putz getragen. Und dadurch kann die Wand auch atmen. Gewisse Stellen sind von alleine abgetrocknet zum Beispiel.
Friedrich Idam:
Vielleicht hier, wenn ich kurz einwerfen darf, diese Situation hat ja aber, du hast jetzt sehr interessant gesagt, gewisse Stellen sind von selbst getrocknet und andere Stellen sind feucht geblieben. Das ist ja auch, wenn man sich hier Zeit lasst und dann die nackte Wand einige Monate lang oder vielleicht sogar über ein, zwei Jahre beobachtet, dass einem dann viel, viel klarer wird, wo die echten Problemzonen liegen.
Reinhard Mair-Zeininger:
Man lernt dieses Haus oder dieses Projekt sehr gut kennen und, Man riecht es sogar, wenn man in den Raum kommt. Eine Wand, die gerade erst den Putz verloren hat, die riecht auch anders. Der Raum hat ein anderes Klima etc. Das pegelt sich ein nach Wochen, merkt man, jetzt ist irgendwas passiert. Das ist, wie wenn man eine Bodenplatte betoniert, zum Beispiel die ersten drei, vier, fünf Wochen. Wie auch immer riecht es etwas feucht und so weiter. Logisch, weil die trocknet. Aber der Raum verändert sich einfach auch im Klima und das nimmt man als Mensch wahr. Da muss man auch die Sensoren ein bisschen spielen lassen. Es ist nicht unbedingt nur in Zahlen zu belegen oder messbar, sondern man spürt es auch ein bisschen für so ein Haus. Wann ist der richtige Zeitpunkt oder war das jetzt gut? Ja, also auf die Putze zurückzukommen, das war eben der Moment, nackte Wand, wie verputzen wir diese Wände wieder? Und relativ schnell war uns klar, wie wir uns mit verschiedenen Sachverständigen, Experten etc.
Reinhard Mair-Zeininger:
Unterhalten haben oder auch Baumeistern, dass diese Wände definitiv wieder einen Kalkputz oder zumindest eine Art historischen Putz tragen müssen und dass wir da nicht mit einem modernen Zementputz reingehen wollen. Und dann bleibt eigentlich bei Recherche relativ schnell nur noch Lehmputz oder Kalkputz. Die beiden Varianten haben sich in der Branche oder in dem Metier bewährt. Und nachdem Kalkputz drauf war und wir dann auch die Meinung vertreten haben, wenn das Haus so lange steht mit den bestehenden Materialien, dann sollte man das auch so belassen. Und dann haben wir uns auch für den Kalkputz entschieden. Also das war mal die erste große Entscheidung. Wir wollen wieder einen Kalkputz machen.
Friedrich Idam:
Welche Eigenschaften von Kalk sind für dich besonders interessant?
Reinhard Mair-Zeininger:
Die Verwendung von Kalk hat mich insofern fasziniert, weil das Material Kalk in seiner Einfachheit schon besticht. Also es wird ja seit Hunderten, vielleicht auch Tausenden Jahren verwendet als Baumaterial, als Bindemittel. Und die Faszination für Kalk ist in der Recherche immer größer geworden aufgrund der Eigenschaften, die er mit sich bringt. Im Sinne von einer schimmelhemmenden Wirkung, einer bakterienhemmenden Wirkung und natürlich auch der diffusionsoffenen Wirkung.
Reinhard Mair-Zeininger:
Die Eigenschaften sind natürlich im Altbau sehr vorteilhaft und geben uns eigentlich auch genau dieses gute Gefühl, dass wir uns erwarten von diesen Baustoffen,
Reinhard Mair-Zeininger:
von dieser Art ökologischen Baustoff. Und in weiterer Folge auch das Thema Raumklima, Feuchteausgleich war einfach der faszinierende und auch der ausschlaggebende Faktor, dass wir uns für das Material Kalk als Bindemittel entschieden haben. Und dann trifft man ja sehr zwangsläufig auf das Thema Diffusionsoffenheit. Und das Diffusionsoffenheit als Thema zieht sich eigentlich durch unser gesamtes Haus. Es gibt keine Folien, es gibt keine Abdichtungen, weder an den Fenstern noch an den Zwischendecken. Es gibt keine Dampfsperre, es gibt keine Dampfbremse etc. Damit muss man sich schon auseinandersetzen, weil Kondensatbildung kann dann doch zu massiven Bauschäden führen.
Reinhard Mair-Zeininger:
Ich würde jetzt nicht ausschließen, dass ich es hundertprozentig sicher richtig ausgeführt habe bei meinem Haus, aber ich habe mir das selber großteils überlegt. Und ja, also wir sind sehr weit schon mit unserem Haus und ich denke, wir haben da eigentlich eine gute Wahl getroffen, was die Diffusionsoffenheit betrifft. Das kann ich nur empfehlen und ich denke auch, dass es für Altbau unumgänglich ist. Also diese Häuser sind nicht so ausgeführt wie ein modernes Haus ausgeführt.
Reinhard Mair-Zeininger:
Das kann man eigentlich von der technischen Basis nicht mit dem State-of-the-Art vergleichen.
Friedrich Idam:
Wie bist du dann an konkrete praxistaugliche Informationen über den Kalkputz gelangt?
Reinhard Mair-Zeininger:
Natürlich beginnt man mit der Recherche einfach mal im Internet. Das ist so irgendwie der erste Weg, den man ja zur Verfügung hat. Und da findet man sehr, sehr viel über Kalkputz. Und man bekommt schnell ein Gefühl, was sind gute Informationen, was sind vielleicht weniger gute Informationen. Man muss sagen, es gibt im Bereich Kalkputz auch viele Industrieprodukte, die, sagen wir mal, einfach in Säcke abgefüllt so vorbereitet sind, dass sie relativ leicht zu verarbeiten sind oder zumindest schon so konfiguriert, dass man per Kochrezept losstarten kann. Wir haben auch Firmen kontaktiert etc., Baufirmen und das Thema Kalkputz besprochen und es ist definitiv schwierig Firmen zu bekommen oder Firmen zu finden, die das machen. Es gibt sicher spezialisierte Firmen für Kalkputze oder für historische Putze.
Reinhard Mair-Zeininger:
Ist aber sicher auch auf einer vorgefertigten industriellen Basis und das hat uns einfach nicht angesprochen. Wir haben auch einen Bekannten, der ist Maurer und der beratet, also der ist schon der Pension, der hat auch gefallen an unserem Projekt und beratet. Und somit war dann irgendwann der Punkt gekommen, wo wir eine Putzmischung brauchen für unser Haus, sagen wir mal so, ein Rezept, wie wir den Putz selber herstellen können. Und da habe ich eigentlich zuerst mal selber gestartet, habe mir verschiedene Arten von Kalk gekauft, also.
Reinhard Mair-Zeininger:
Es gibt ja Kalk in verschiedenen Zuständen, also Calciumoxid, der ungelöschte, der gebrannte Kalk, den gibt es in Pulverform, den gibt es als Stückkalk, dann gibt es Calciumhydroxid.
Reinhard Mair-Zeininger:
Genau, das ist entweder Sumpfkalk in gelöschter Form, also pastös, oder eben den gibt es auch trocken in Pulverform. Und da habe ich erste Versuche gemacht. Also Bindemittelkalk ist ja klar, dann ist nur die Frage, in welcher Form verwendet man den am besten. Da gibt es auch einiges an Literatur dazu. Also ich habe mir da viel eingelesen in verschiedenen Quellen und irgendwann bleibt dann noch das Thema des Zuschlagsstoffes. Das ist ja bei uns eigentlich nur Sand und darin, glaube ich, unterscheidet sich die Variante, wie wir es machen, auch von einem vorgefertigten Industrieprodukt, weil ich habe da immer etwas Sorge gehabt, dass was auch immer für Zuschlagstoffe noch drinnen sind in diesen Produkten und das wollte ich einfach nicht. Also vor 300 Jahren, wie dieses Haus oder 400, wie gesagt, verschiedene Bereiche errichtet worden ist, gab es definitiv Kalk, Sand und Wasser und sonst eher nichts. Vielleicht Zuschlagsstoffe, die irgendeine Stabilisierung abgeben, wie Borsten oder Hanf etc., aber keine direkten Veränderungen der Zusammensetzung. Dann waren wir eben an dem Punkt gekommen.
Reinhard Mair-Zeininger:
Ich denke, da haben wir auch mit dir dann schon Kontakt gehabt, weil du uns ja auch einen Kontakt zur Kartause Mauerbach gegeben hast. Und das war eigentlich ein Wendepunkt in dieser Phase, weil vorher war alles mehr oder weniger Versuche, probieren mit verschiedenen Varianten und das kann ich nur empfehlen. Das führt vielleicht nicht immer zum Ergebnis, aber man lernt sehr viel und man bekommt auch etwas, das Gefühl für die Materialien.
Friedrich Idam:
Ja, man wird fürs Material sensibilisiert.
Reinhard Mair-Zeininger:
Ja, und dann war eben dieser Tag der offenen Kartause, nennt sich das, also Tag der offenen Tür in der Kartause in Mauerbach, das ist da gleich neben Wien, und da sind wir hingefahren.
Friedrich Idam:
Das ist für unsere Hörerinnen und Hörer das Forschungs- und Weiterbildungszentrum des österreichischen Bundesdenkmalamts, wo eben einerseits historische Techniken untersucht, dokumentiert, aber eben auch gelehrt werden und die sind natürlich an einer Verbreitung dieser Techniken interessiert. Und da gibt es jährlich den Tag der offenen Kartause, wo man dann sehr viel sehen kann.
Reinhard Mair-Zeininger:
Genau, also wir sind da hingefahren und es war wirklich sehr beeindruckend, vor allem wenn man gewisse Liebe zu diesen alten Techniken.
Reinhard Mair-Zeininger:
Alten Konturen, Materialien, sehr viel Holz, Holzböden, aber auch Techniken wie zum Beispiel Gewölbe etc. Also wir haben da große Affinität zu diesen Dingen und von dem her war das natürlich super zu sehen, dass es da Menschen gibt, die sich intensiv mit diesen Techniken, die vielleicht auch nicht mehr viele beherrschen, beschäftigen und dieses Wissen somit auch konservieren. Und dann sind wir dort relativ schnell auch auf einen Experten für diese historischen Putze. Also nicht nur für die Rezeptur und Zusammensetzung, sondern auch für die Verarbeitung. Das ist nämlich auch ein wichtiges Thema. Wie kann man das dann in der Praxis auch wirklich vernünftig umsetzen? Da sind wir getroffen und der war da eigentlich auch sehr offen mit uns. Der betrachtet dieses Wissen auch als eine Open Source, ist mir vorgekommen. Also man will hier nichts für sich behalten, sondern man möchte dieses Wissen
Reinhard Mair-Zeininger:
auch an Personen weitergeben. Wir haben uns sehr gut aufgehoben gefühlt und haben dann einfach den kompletten Prozess des Kalkputzes durchdiskutiert. Nämlich beginnend mit dem eigentlichen Bindemittel. Wir haben uns dann auch sehr schnell für einen Stück Kalk, einen ungelöschten, einen gebrannten Kalk entschieden.
Friedrich Idam:
Der Unterschied zwischen Stückkalk und Feinkalk ist letztlich in der Korngröße. Der Feinkalk, denke ich, ist die Korngröße kleiner als ein Millimeter, während beim Stückkalk, wenn ich da richtig liege, die Kantenlänge von 5 Millimeter etwa in dieser Größenordnung liegt. Und es ist jeweils Calciumoxid ein sehr, sehr kostengünstiges Industrieprodukt.
Reinhard Mair-Zeininger:
In Österreich sicher auch zur Genüge vorhanden. Unser Kalk hat, wie du sagst, 5 bis 8 mm, würde ich jetzt mal sagen. Der kommt in Säcken zu 25 kg, ist relativ kostengünstig zu erwerben. Und das war für uns einfach da mal definitiv unser Bindemittel, weil der hat sehr schöne Eigenschaften. Er ist lagerfähig. In einer trockenen Umgebung ist er natürlich gut lagerfähig. Und man muss auch sagen, dieser Kalk, dieser ungelöschte Stückkalk, der muss ja gelöscht werden, um ihn dann als Mörtel oder Farbe oder was auch immer verwenden zu können. Und dabei verdoppelt er fast sein Volumen. Das heißt, man hat eigentlich noch mehr Ertrag von diesem ungelöschten Kalk.
Friedrich Idam:
Das Löschen, um das für unsere Hörerinnen und Hörer zu verdeutlichen, Heißt letztlich, dieses Calciumoxid mit Wasser in Verbindung zu bringen. Das ist eine relativ heftige exotherme Reaktion. Da wird auch sehr viel wärmefrei, wenn man es direkt im Wasser aussetzt. Du hast ja hier eine andere Methode gewählt.
Reinhard Mair-Zeininger:
Unsere Vorgehensweise ist so, dass man ein Sandbett mehr oder weniger macht. Darauf gibt man dann die entsprechende Menge an ungelöschten Kalk und dann deckt man das wieder mit Sand zu und löscht es mit dem entsprechenden Anteil an Wasser ab. Also man gießt das Wasser drüber und dieser Schichtaufbau, wie du sagst, erzeugt eine relativ intensive exotherme Reaktion. Das heißt, es entsteht sehr viel Hitze.
Reinhard Mair-Zeininger:
Dadurch, dass es aber komplett in Sand eingeschlossen ist, ist es gut kontrollierbar. Ich komme vielleicht später nochmal auf die genaue Zusammensetzung dieses Kalkputzes zurück, weil ich will da auch eigentlich sehr offen drüber sprechen. Aber ich verwende diesen Kalk auch als Sumpfkalk, also wo ich nur den Kalk ablösche und zwar in einer Regentonne mit, ich denke mal 150 Liter oder so. Also da gebe ich dann 90 bis 100 Liter Wasser hinein und eben circa 40 Kilo von dem Kalk drauf. Und dann, also diese Reaktion ist dann extrem, weil da gibt es keinen Sand rundherum. Da muss man auch rühren. Da braucht man entsprechende Schutzkleidung und so weiter. Also dazu gibt es Videos auf YouTube, die kann man sich anschauen. Da sieht man eigentlich ganz gut, wie so ein Löschvorgang von sich von statten geht. Und da muss man sich schon damit beschäftigen im Vorfeld. Ansonsten kann es nämlich auch, also aufgrund vom hohen pH-Wert ist es natürlich sehr ätzend. Dann wird es sehr heiß. Es kann auch kochen. Es sollte nicht zu viel kochen. Auch das haben wir bei der Kartause Mauerbach erfahren. Man sollte das eher kontrolliert machen, die Wasserzugabe kontrollieren. Der Kalk wird besser, wenn er nicht zu sehr kocht.
Reinhard Mair-Zeininger:
Aber es dauert wenige Sekunden, bis diese 90 Liter Wasser kochen. Also man kann sich vorstellen, welche Energie hier freigesetzt wird. Das ist wirklich enorm und das zu kontrollieren ist nicht ganz einfach. Also damit muss man sich im Vorfeld beschäftigen. Aber nach wenigen Stunden ist diese Reaktion abgeschlossen.
Reinhard Mair-Zeininger:
Und der Kalk ist bereit zur Verarbeitung. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass es verschiedene Meinungen zu dem Thema gibt, dass zum Beispiel sehr lange oder gut abgelagerter Sumpfkalk, gelöschter Kalk, der ist ja mehr oder weniger nicht zeitbegrenzt lagerbar. Wenn da oben drüber eine Wasserschicht bleibt, dann kann der nicht karbonisieren, der wird nicht fest, der bleibt pastös. Und es gibt Personen, die vertreten die Meinung, der wird immer besser durch die lange Lagerfähigkeit, weil er feinkristalliner wird oder wie auch immer. Es gibt aber auch Personen, die sagen, am nächsten Tag ist der perfekt bereit für die Verarbeitung. Ich vertrete auch die zweite Fraktion, also rein schon aus Zeitgründen, weil man einfach, wenn man löscht, am nächsten Tag den Kalk verwenden kann.
Friedrich Idam:
Meines Wissens nach ist ja dieser langgelagerte Kalk eher begehrt für Malerarbeiten, also für die letzte Schicht und nicht für das Binden von Mörtel. Auch historische Beispiele, wo bereits der heiße Kalk verwendet wurde zum Mauern. Und soweit ich weiß, hängt es auch sehr davon ab vom Brennvorgang, wie der Brennprozess gelaufen ist,
Friedrich Idam:
der dann letztlich auch über die Größe der Kristallstrukturen entscheidet.
Reinhard Mair-Zeininger:
Das habe ich auch so gelesen und man muss auch sagen, es gibt ja verschiedene geologische Herkünfte des Calciumcarbonats, also des ungebrannten Kalks. Das ist ja in Gebirgsregionen, wie auch immer, wird ja bei uns in Österreich, gibt es viele Bereiche, wo der abgebaut wird und je nachdem, wie das Calciumcarbonat hier zusammengesetzt ist, also reines Calciumcarbonat wird es quasi nie sein. Also es wird immer irgendwelche Verunreinigungen geben und irgendwelche Metalle oder was auch immer und die beeinflussen auch die Farbe des Kalks. Also wir haben auch verschiedene...
Reinhard Mair-Zeininger:
Stück Kalk, gebrannte Kalk bei uns und da sind wir genau, wie du sagst, bei der Farbe. Also die hängt auch von der Qualität des Kalks ab. Und ich würde mal behaupten, ohne dass ich da ein Experte bin, dass die Kalk zu verwenden für die Wandfarbe, die weitaus intensivere Aufgabe ist. Also da muss man sich noch mehr damit beschäftigen. Das ist auch schwieriger herzustellen als ein Mörtel beispielsweise für einen Putz. Das denke ich mal ist die vergleichsweise minderwertigere Verwendung des Kalks. Aber auch da natürlich die Prozesse muss man richtig einhalten. Also der Löschprozess ist sehr wichtig für die Qualität des Mörtels. Und was auch sehr wichtig ist, ist eben der Zuschlagsstoff und zwar der Sand. Also der Sand nimmt mit Abstand das größte Volumen ein des Putzes.
Reinhard Mair-Zeininger:
Und also meine erste Idee war natürlich auch ein relativ feiner Sand. Bei uns gibt es überall, würde man sagen, Estrichsand mit einer Korngröße 0 bis 4 mm. Das ist ein gewaschener Sand, den bekommt man eigentlich überall. Die Sieblinie ist sehr exakt, also mit 4 mm ist das größte Korn da drinnen. Und meine ersten Versuche habe ich auch mit diesem Sand gemacht und muss sagen, war nicht ganz zufrieden. Ich habe schon viel gelesen darüber, dass einfach die Feinanteile des Sandes entscheidend sind für die Bindung und der Kalk braucht Energie. Eben genau diese Feinanteile, um ordentlich zu binden. Im Vergleich zu beispielsweise Zement, also diese sehr hydraulischen Bindemittel, die kommen gut mit diesem Estrichsand beispielsweise zurecht, der deutlich weniger Feinanteile hat.
Friedrich Idam:
Dieser Estrichsand, du hast ja vorher den Begriff Sieblinie verwendet. Die Sieblinie gibt ja an, in welchen Prozentsätzen die verschiedenen Kornfraktionen in einem Gemenge vorhanden sind. Und diese Sieblinien der Sande sind im Regelfall für zementhaltige hydraulische Bindemittel optimiert. Man kann sich das vielleicht so vorstellen, dass man von der größten Kornfraktion, zum Beispiel 4 Millimeter, vier Kügelchen jetzt im Rechenmodell aneinander aufbaut.
Friedrich Idam:
Oder es wären in dem Fall dann schon acht, weil man es räumlich denken muss. Und dann schaut man, welcher Hohlraum bildet sich zwischen diesen acht Kügelchen und welche Kugelgröße passt dann optimal in diesen internen Hohlraum. Und dann kann man mit diesem Modell immer weiter in die Tiefe gehen, sodass man quasi die Hohlräume optimal füllt und daraus ergeben sich dann ganz spezifisch erforderliche Anteile. Weil aber jetzt die Abbindereaktionen von Kalk und Zement andere sind, braucht man letztlich, wenn man Kalk als Bindemittel hat, auch eine andere Sieblinie, sprich eine andere Verteilung der Kohlenfraktionen im Zuschlagstoff.
Reinhard Mair-Zeininger:
Genauso ist es, nachdem dieser Estrichsand eben, wie du sagst, wirklich für die Anwendung mit zementhaltigen Bindemitteln optimiert ist und das doch in unserer aktuellen Zeit, sagen wir mal, der Haupteinsatzzweck ist oder der Haupteinsatz. Die Nachfrage einfach stärksten nach diesen Materialien ist, war ich dann natürlich auf der Suche nach einem geeigneten Sand. Auch da habe ich bei der Katause Mauerbach eine sehr gute Info bekommen, wie man das rausfindet.
Reinhard Mair-Zeininger:
Und zwar gibt es eine einfache Probe, einen einfachen Test. Man nimmt einfach eine Handvoll von dem Schlufsand oder wie auch immer von diesem feinen Sand, der für Kalkputz geeignet ist, presst ihn in der Hand zusammen und wenn diese Kugel beim Öffnen der Hand nicht mehr zerfällt, sondern eigentlich geformt bleibt.
Reinhard Mair-Zeininger:
Dann eignet er sich für die Verwendung mit Kalk. Und zusätzlich sollte dann die Hand auch noch relativ sauber bleiben. Man kann diesen Sand auch in einen Kübel geben mit Wasser, verrühren und sehen, Man sieht dann relativ schnell, wie sich die Sedimente absetzen. Wenn das Wasser aber braun bleibt, dann ist sehr viel Lehmanteil oder Tonanteil oder vielleicht sogar Erde, je nach Herkunft, dabei. Das wäre dann wieder nicht optimal. Also das Wasser wird dann schon auch sehr schnell wieder sauber aus der Trübung, weil sich diese Sedimente absetzen. Und so kann man eigentlich sehr einfach feststellen, ob der Sand geeignet ist für die Verwendung in einem Kalkputz. Und ich hatte dann eigentlich das Glück in einer Schottergrube bei uns so vielleicht einen Kilometer entfernt oder zwei Kilometer entfernt mich dort zu treffen mit dem Wagerfahrer, der auch dort arbeitet und die verschiedenen Qualitäten dort zu probieren, also wirklich anzugreifen und bin dann relativ schnell auf diesen Schlufsand gestoßen.
Reinhard Mair-Zeininger:
Den es dort zur Genüge gibt. Also das ist eher ein Problem, welches zum Verfüllen von Erdkabel etc. Verwendet wird und der ist dort in einer Sieblinie 0,10 circa, war der lagernd in wirklich gigantischen Mengen und ich brauchte ja mehr oder weniger nur einen Bruchteil und habe mir den dann liefern lassen.
Friedrich Idam:
Also 0 bis 10 bedeutet, das größte Korn in diesem Sand hat 10 Millimeter Durchmesser und 0 ist quasi ein kaum mehr messbarer Feinanteil.
Reinhard Mair-Zeininger:
Genau, mikroskopisch feine Anteile. Es gibt österreichweit einen Sandkataster, kann man online einsehen für jedes Bundesland und da wurde auch, das ist auch vom Bundesdenkmalamt, denke ich, gestellt, Auch die Eignung ist dort wirklich gut beschrieben. Also man sieht die Herkunft, die Quelle, wo das ist, die Kontaktdaten und man sieht dort die Sieblinie, also wie ist die Verteilung, wie wir vorher gesagt haben, zwischen Klein- und Größtkorn und auch die Eignung. Ist die Eignung gegeben für einen Kalkputz beispielsweise und so weiter, das kann man da rauslesen.
Reinhard Mair-Zeininger:
Aber es sind nicht allzu viele also bei mir wäre der nächste irgendwie, ich weiß nicht, ich denke so um die 60 Kilometer irgendwo Richtung Salzburg und das war mir einfach auch zu weit und ich dachte mir es muss auch irgendwo regional diesen Sand geben und ja, wie gesagt, bin dann circa zwei Kilometer entfernt fündig geworden. Ja, da sind wir auch bei einem regionalen Baustoff günstig und da habe ich dann meine Versuche genauso gemacht, wie man es auch der Experte in der Kartause gezeigt hat. Also wie vorher gesagt, dieser Schichtaufbau. Bin dann aber auch bei der ersten Verarbeitung darauf gestoßen, dass das fast ein bisschen zu pastös wird, dieser Kalkputz. Und da geht es dann einfach drum, man muss sich auch ein bisschen damit beschäftigen, wie ist dann die.
Reinhard Mair-Zeininger:
Verarbeitungsqualität, weil man muss sehr viel für so ein Haus, sehr viel an Kalkputz, produzieren, man muss sehr viel anwerfen, wir haben wirklich unser Haus händisch verputzt, also keine Putzmaschine, kein Putzwerfer und das muss alles praktikabel sein, es muss leicht zu verarbeiten sein, es muss gut haften, es muss einfach funktionieren, weil sonst verzweifelt man irgendwann während der Arbeit. Also das ist auch ein Tipp, lieber vorher etwas mehr damit beschäftigen, wie kann man konstant eine gut zu verarbeitende Qualität herstellen, Und dann im Nachhinein hat man viel mehr Spaß bei der eigentlichen Arbeit.
Friedrich Idam:
Hast du den Sand in der natürlichen Kornfraktion bis Größkorn 10 mm verwendet? Oder hast du den vorher noch einmal durchgesiebt, um nicht so große Körner im Mörtel zu haben?
Reinhard Mair-Zeininger:
Das haben wir gleich mal bei der ersten Mischung gesehen, dass mitunter auch einige größere Steine dabei waren. Und damit kann man nicht wirklich arbeiten beim Verputzen. Also wir wussten gleich, wir müssen den sieben und haben dann ein 8-10mm Sieb genommen, um zumindest die großen Steine rauszubekommen. Und das hat eigentlich sehr gut funktioniert. Das war ein großes Wurfsieb mit etwa einem Meter mal eineinhalb. Da ist man relativ schnell damit, diesen Sand in vernünftiger Siebung herzustellen.
Friedrich Idam:
Also das ist das Wurfgitter Classic, mit dem ich auch noch gearbeitet habe. Das ist ein Drahtgeflecht in einem Metallrahmen. Man stellt das möglichst auf einem Betonboden, wo man gut schaufeln kann, schräg auf und wirft dann schaufelweise den Sand in die oberen Bereiche des Wurfgitters und der Sand rieselt dann entlang des Gitters herunter. Das kleinere Material fällt durch die Maschen durch, während das große Material auf der Vorderseite verbleibt und über die Maschen abrieselt.
Reinhard Mair-Zeininger:
Und diese Teile, die sind eben sehr störend beim Verputzen, diese gröberen Steine oder was auch immer da noch drinnen ist in so einem Sand. Wie gesagt, die Qualität beim Verarbeiten war dann okay, aber ich war noch nicht ganz zufrieden und ich habe mich dann auf eine Rezeptur gelegt, hingetastet, die vier Teile Schlufsand besteht und zwei Teile von diesem 0,4-Estrichsand, wie vorher gesagt. Dann eben ein Teil Kalk und zwei Teile Wasser. Also die Vorgehensweise war dann so, als Ergebnis dieser Versuche, wir haben uns so Kunststoffbehälter, also diese Maurerbottiche, die Runden mit, Und ich glaube, die haben um die 90 Liter Volumen oder 80, haben wir uns ungefähr 15 Stück gekauft.
Reinhard Mair-Zeininger:
Und dann gab es eben einen Raum, mit dem wir gestartet haben. Und in diesem Raum haben wir am Vortag alle diese Bottiche aufgebaut, alle 15 Stück. Und haben dann kübelweise diese Schichten an Sand verteilt. Man brauchte immer ein Volumenmaß. Das war bei uns ein definierter Kübel, der auch unterm Strich dann genau die Menge für diesen Bottich ergab. Wir haben drei Teile von diesem Schlufsand reingegeben, den gesiebten Schlufsand. Dann in der Mitte eine kleine Mulde geformt, einen Teil, einen Volumenteil des Stückkalk, des Ungelöschten, reingegeben. Dann zwei Teile Estrichsand drüber und nochmal einen Teil von dem Schlufsand. Und darauf haben wir dann zwei Teile Wasser gegeben. Und das bei allen 50 Bottichen. Die fangen dann natürlich auch an zu kochen oder leichtes Köcheln mit Wasserdampferzeugung logischerweise und reagieren dann ab in diesen Bottichen.
Reinhard Mair-Zeininger:
Das dauert circa eineinhalb, zwei Stunden. Dann ist die Reaktion abgeschlossen. Die sind natürlich noch warm. Und der Kalk, wie eingangs gesagt, verdoppelt in etwa sein Volumen. Also die bekommen wie ein kleiner Vulkan oben Risse. und man sieht auch bis zum Kalk, der sich da den Weg nach außen sucht. Und das Schöne an diesem System ist, am nächsten Tag, wo dann auch der Maurer da war oder Helfer, wie auch immer.
Reinhard Mair-Zeininger:
Hat man die Bottiche nur noch mit dem Handrührgerät angerührt, aufgerührt und Putz war fertig. Gegebenenfalls muss man noch ein bisschen mit Wasser einstellen. Das ist dann eine Frage der Verarbeitung, der Konsistenz, die man sich wünscht. Aber im Prinzip ist der Putz bereit zum Verarbeiten und man rührt um. Das dauert vielleicht zwei, drei Minuten und fertig. Und das Schöne an dem System ist, dieses ganze Material herbeischaffen. Gerade wenn man im ersten Stock, also im Obergeschoss arbeitet, das ist nicht zu unterschätzen beim Verputzen. Das ist nämlich sehr viel Volumen an Material. Und wenn man das am Vortag stressfrei erledigen kann, hat man am nächsten Tag ein viel schöneres, angenehmeres und
Reinhard Mair-Zeininger:
mitunter auch stressfreieres Arbeiten. Unser Maurer, der eigentlich mit diesen Materialien nie gearbeitet hat, der ist mittlerweile ein großer Verfechter des Kalkputzes und sehr begeistert. Die Verarbeitungseigenschaften sind wirklich sehr, sehr gut. Also er spritzt wenig, er haftet gut, er ist auch gutmütig, also er gibt einem genug Zeit in der Verarbeitung.
Friedrich Idam:
Du hast also die Bottiche bereits am Vortag strategisch im Raum verteilt, um auch hier den Transport des Mörtels innerhalb des Raumes möglichst gering zu halten.
Reinhard Mair-Zeininger:
Diese Arbeitsvorgänge, die will man ja immer sehr effektiv gestalten, weil Arbeit ist unterm Strich dann das, was sehr viel Zeit kostet und alles, was man sich an Aufwand spart, ist natürlich herzlich willkommen bei so einem Projekt. Und wie du sagst, strategisch verteilt, man bekommt das relativ schnell ins Gefühl. Also mit einem Bottich, je nach Wandbeschaffenheit, schafft man, ich würde mal sagen, so um die vier Quadratmeter circa.
Friedrich Idam:
Also du hast es einfach schon im Gefühl.
Reinhard Mair-Zeininger:
Genau.
Friedrich Idam:
Du weißt schon ganz genau, wo wie viele Bottiche stehen müssen.
Reinhard Mair-Zeininger:
Ja, also man kommt dann auch davon ab, dass man alles bis ins Detail durchrechnet. Grob überschlägt man es vielleicht im Kopf, aber man bekommt das definitiv gut ins Gefühl und ja, das funktioniert gut.
Friedrich Idam:
Es ist ja wirklich ein beeindruckendes System, das du eigentlich mit relativ geringen Mischaufwand, weil sonst ist ja oft Kalkmörter zu mischen sehr schwierig, Weil ich habe zum Beispiel die Erfahrung gemacht, wenn man mit Sumpfkalk arbeitet und den versucht im Freifallmischer zu mischen, verklumpt und verklebt, das habe ich die Erfahrung gemacht, dass man dazu am besten einen Zwangsmischer einsetzt. Aber wie du das beschrieben hast, quasi schon durch das schichtweise Einbringen des Materials in den Bottich, dann die chemische Reaktion, wo praktisch der Kalk in seiner Reaktion auch schon eine leichte Durchmischung herbeiführt und dann letztlich mit einem handelsüblichen Baumixer dieses Material im Bottich noch einmal durchzurühren und der Mörtel ist fertig.
Reinhard Mair-Zeininger:
Genau, so einfach ist es eigentlich.
Friedrich Idam:
Und das mit, vielleicht auch noch dazu gesagt, sehr, sehr kostengünstigen Materialien, wo du sicher deutlich günstiger ausgestiegen bist, als wenn du jetzt diese Materialien vorkonfektioniert als Sackware gekauft hättest.
Reinhard Mair-Zeininger:
Ja, absolut. Also mit Abstand günstiger. Das habe ich mir schon auch durchgerechnet. Und ja, es ist auch schön, man kann diese Rohmaterialien wie den Sand, den kann man in großen Haufen vor dem Haus bunkern. Da braucht man nicht wirklich darauf achten, wie sind die Lagerbedingungen. Der Sand, der ist emotionslos, was die Umgebungseinflüsse betrifft. Den Kalk muss man natürlich schon trocken lagern, weil er sonst natürlich mit der Reaktion beginnen würde. Aber ist auch sehr einfach wieder zu beschaffen. Hingegen diese großen Mengen an Sackware fertig einzukaufen und dann zu lagern, die haben immer eine gewisse Lagerdauer, auch natürlich bei trockener Lagerung und Schrauben. Wie du sagst, die Kosten sind deutlich höher. Also ich bin von dem System absolut überzeugt. Und auch in der Verarbeitung war das dann perfekt. Also wir hatten wirklich viel Spaß dabei.
Friedrich Idam:
Und auch von der Entsorgung her, wenn man mit Sackware arbeitet und in großen Mengen hat man dann am Ende eines Arbeitstages einen riesen Haufen aufgeschlitzter Säcke liegen, die es dann zu entsorgen gilt.
Reinhard Mair-Zeininger:
Dieses Thema haben wir dann auch nicht. Natürlich, der Kalk kommt auch in einem Sack, Aber wird es wahrscheinlich, wenn man sich damit beschäftigt, auch irgendwie als Schüttgut zu kaufen geben. Aber gut, irgendwo gibt es Kompromisse, die man eingehen muss. Ich finde das eine sehr angenehme Variante.
Friedrich Idam:
Und beim Aufwerfen, also jetzt war dieser Mörtel in diesen Bottichen fertig, habt ihr die Wand vorbehandelt? Habt ihr die Ziegel vorgenässt, befeuchtet? Habt ihr auf die Wand einen Spritzbewurf gegeben? Habt ihr die Wand abgekehrt, abgesaugt, abgebürstet?
Friedrich Idam:
Wie ist auf die Wand gearbeitet worden?
Reinhard Mair-Zeininger:
Ja, natürlich muss man die Wand vorbereiten, je nachdem, wie die Beschaffenheit der Wand ist. Also wir haben im Haus auch einige Wände, neue Innenwände natürlich, neu gemacht. Und die haben wir dann mal ganz normale Hohlziegel verwendet.
Friedrich Idam:
Diese Hochlochziegel, diese Zwischenwandziegel.
Reinhard Mair-Zeininger:
Da ist man natürlich sehr schnell mit denen und ich denke, da gibt es nichts auszusetzen dran. Und die verhalten sich natürlich anders als unsere Lehmziegelaußenwände oder auch zwei Innenwände sind nach wie vor aus diesen Ziegel. Also man muss die Mauerfläche schon vorbereiten, je nachdem wie hoch die Sorgfähigkeit ist. Also die Außenwände haben natürlich bei uns eine sehr hohe Sorgfähigkeit, diese Lehmziegel. Und dementsprechend, wenn man hier den Putz aufbringt, würde die Wand dem Putz sehr schnell das Wasser entziehen. Das heißt, er wäre nicht mehr gut zu formen und er soll auch nicht so schnell austrocknen. Also er soll noch Wasser drin haben. Dementsprechend haben wir es so gemacht, bei den Altbauwänden, die sehr gierig waren nach Wasser oder sind, haben wir zuerst natürlich abgestemmt, dann geschaut, dass die halbwegs plan sind. Das ist natürlich nicht vergleichbar mit einer modernen Ziegelwand. Also da sind auch mitunter sehr viele Löcher etc. drinnen. Die haben wir dann abgekehrt. Wir haben es auch einmal wirklich nur mit Druckluft abgeblasen. Das funktioniert zwar sehr, sehr gut, aber es gibt natürlich sehr viel Staub in der Luft. Aber abkehren hat sich dann eigentlich am besten bewährt. Und dann mit so einer normalen Baumspritze einfach vorgenässt.
Friedrich Idam:
Also so eine Spritze, die pumpt man auf, dass das ein Druck behält, damit vielleicht fünf bis zehn Litern Fassungsvermögen, den pumpt man auf und dann besprüht man die Wand.
Reinhard Mair-Zeininger:
Genau, man hat da diese Lanze und damit erreicht man auch die oberen Stellen sehr einfach. Das finde ich die schönere Lösung als diese Malerpinsel, das kennt man auch. Die bringen vielleicht ein bisschen mehr Wasser in kürzerer Zeit rauf, aber es spritzt halt sehr stark und gerade die oberen Bereiche sind schwieriger zu erreichen. Für mich hat sich diese Baumgartenspritze mit der Lanze bewährt, weil man einfach sehr flexibel ist. Stark vorgenässt. Man glaubt gar nicht, wie stark man vornässen kann. Also schon wirklich, Intensives Vornässen bei stark saugenden Wänden. Ansonsten hat man beim Verputzen das Problem, dass das Wasser schneller entzogen wird und der Putz nicht mehr so gut formbar ist.
Friedrich Idam:
Weil da geht es ja auch um den Chemismus, dass das Bindemittelkalk zwar durch CO2-Aufnahme, durch die sogenannte Carbonatisierung aushärtet, dass aber der Wasseranteil dabei katalytisch wirkt und diese chemische Reaktion begünstigt.
Reinhard Mair-Zeininger:
Das heißt, der Kalkputz soll möglichst lange feucht bleiben oder es ist positiv. Es trifft natürlich nicht den Zeitgeist, wo man gerne in einer Woche drüber malt und alles fertig und trocken ist.
Reinhard Mair-Zeininger:
Aber gut, dieser Kalkputz braucht etwas mehr Zeit. Das muss man schon einrechnen auch zum Trocknen. Und die, wie du sagst, die Karbonatisierung, die dauert ja viel, viel länger, wenn der Kalk dann das CO2 aus der Luft wieder bindet und somit seine ursprüngliche Form des Calciumcarbonats wieder annimmt. Das war wichtig, dass man gut vornässt und dem Kalk dann eben auch die Zeit gibt, dadurch, dass er nass bleibt oder feucht bleibt.
Friedrich Idam:
Aber keinen Spritzbewurf, keinen Vorspritzer, sondern direkt mit dem Kalkmörtel aus dem Bottichen auf die vorgenäßte Wand.
Reinhard Mair-Zeininger:
Also nur wenn größere Löcher drinnen waren, die haben wir vorher natürlich ausgeworfen, gegebenenfalls mit Ziegelstücken, weil man muss auch beachten, es gibt eine gewisse Stärke des Putzes, die er maximal einnehmen soll. Da gibt es diese Drei-Korn-Regel, das bedeutet, wenn man, wie wir vorher gesagt haben, die Sieblinie betrachtet, der Putz soll nicht stärker aufgebracht werden als das Dreifache des größten Korns, das Sand.
Friedrich Idam:
Das heißt, du hattest Größkorn 8 mm, da wären wir auf 24 mm.
Reinhard Mair-Zeininger:
Genau, das ist natürlich keine exakte Wissenschaft, also ob man jetzt 20 oder 30 Millimeter, aber ungefähr, das ist ein Richtwert und wenn man sich dran hält, dann funktioniert das eigentlich sehr gut. Wenn man natürlich Leitungen etc. Auswerfen muss, da ist man schnell auch mal bei 4, 5 Zentimetern. Da hat sich schon bewährt, dass man einfach auch Ziegelstücke noch mit reinsteckt. Das stabilisiert den Kalkputz dann sehr gut in diesen Hohlräumen. Wie gesagt, maximal diese dreifache Kornstärke, aber auch Minimum das Korn selber, also Minimum 8 mm, lieber ein bisschen mehr.
Friedrich Idam:
Das ist ja ein sehr schöner Gedanke, diese Wiederverwendung der Ziegelstücke. Eigentlich sind ja diese Bruchstücke der Ziegel ein Abfall, aber man kann ja diese Ziegelstücke, so wie du es beschrieben hast, wunderbar dazu verwenden, Löcher in der Mauer oder bei tiefen Schlitzen diese Ziegelstücke in den Mörter zu pressen und dadurch eben die Haltbarkeit signifikant verbessern.
Reinhard Mair-Zeininger:
Wir haben auch fast ausschließlich, würde ich sagen, Abbruchmaterial, Ziegelbruch verwendet und die einfach kurz in Wasser getaucht, weil die sind ja sehr trocken dann meistens, wenn die von Innenwänden stammen, kurz in Wasser getaucht, in den Mörtel gepresst und fertig. So einfach ist das eigentlich. Das war immer mal zum Thema Grobputz. Etwas weniger vornässen muss man vielleicht auf diesen modernen Mauerziegeln und deutlich weniger vornässen muss man oder vielleicht auch gar nicht vornässen muss man auf gespachtelten Flächen. Wir haben auch einige Wände erneuert als in Holzständerbauweise, wo dann Holzfaserputzträgerplatten drauf waren.
Reinhard Mair-Zeininger:
Und da war es natürlich etwas schwieriger. Die muss man dann vorher armieren. Also ich wollte ohne Armierung, das heißt ohne Verstärkung, ohne Flächenverstärkung. Aber das wäre bei diesen Plattenmaterialien der Wänden nicht zielführend. Also diese Putzträgerplatten aus Holzweichfaser, die haben wir mit einem Armierungsgewebe und einer Spachtelmasse, auch einer diffusionsoffenen Spachtelmasse vorverspachtelt, nur mit einer Zahnkelle, damit man auch ein tragfähiges, verzahnungsfähiges Oberflächenbild bekommt. Und da haben wir die Erfahrung gemacht, die muss man so gut wie nicht vornässen. Also die saugen so wenig Wasser aus dem Putz, der bleibt wirklich lange verformbar und braucht dann auch mitunter ein paar Tage, bis er überhaupt dann hart wird.
Friedrich Idam:
Und die Formung des Grobputz, habt ihr da mehr oder weniger so faschend zur Orientierung einmal aufgeworfen und dann den Putz angeworfen und dann mit Hilfe der Latte eben abgezogen und mit dem Reibbrett verrieben?
Reinhard Mair-Zeininger:
Ja und nein. Also wir wollten die Gestaltung des Innenputzes recht frei haben. Also es gibt bei uns keine eingeputzten Kantenschoner oder irgendwas in die Richtung. Alle Kanten sind rund, nur Freihand mit dem Reibbrett geformt. Und gewisse Wände bei so alten Häusern sind natürlich nicht sehr gerade, würde ich mal sagen, im Vergleich zu modernen Bauten. Da war mein Ansatz, wenn es das Auge als schön empfindet, ist es genau richtig, weil ich vertrete da die Meinung, in der Natur gibt es auch relativ wenige wirklich gerade Linien oder gerade Flächen, sondern da gibt es immer Unebenheiten. Und so stellen wir uns auch unsere Wände vor. Also die müssen nicht perfekt im Lot sein, die müssen nicht perfekt im Wasser sein und auch die Linien der Kanten müssen nicht perfekt sein. Natürlich nicht schlampig, das ist wichtig, also da ist viel dazwischen.
Reinhard Mair-Zeininger:
Sondern einfach durch gutes Handwerk geformte Oberflächen. Und man darf das Handwerk in einer Wand auch sehen, meiner Meinung nach. Also eine exakt plane Wand empfinde ich nicht als so angenehm wie eine freihandgeformte, mit gutem Wissen und mit guten handwerklichen Fähigkeiten geformte Wand. Aber wie du sagst, Faschen sind manchmal notwendig, wenn die Wand wirklich viele Unebenheiten hat. Irgendwo braucht der Mensch auch ein bisschen Orientierung bei der Arbeit. Und das haben wir vor allem im Sockelbereich gemacht, weil wenn man hier permanent Unebenheiten hat, ist auch der nachfolgende Schritt des Bodenlegens beispielsweise sehr mühsam. Wenn man beispielsweise an einen Thielenboden denkt und der müsste an eine Wand angearbeitet werden, die sehr viele Auswölbungen hat in beide Richtungen, das wäre aufwendig und in weiterer Folge bei zum Beispiel Sockel leisten fast nicht machbar.
Friedrich Idam:
[1:00:33] Aber da sprichst du ja schon die Komplexität des Bauts an, dass es, wenn man dann an die nächsten erforderlichen Schritte denkt, dass es eben Bereiche gibt wie den Sockel, wo es wichtiger ist, eine gewisse Linearität in Butz zu erzeugen und dass es dann Bereiche gibt, wo es nicht mehr so wichtig ist. Und ich denke, das macht ja genau die Qualität dieser handwerklichen Arbeit aus, dass man Energien nur dort investiert, wo es sinnvoll ist. Und genau diese Unterschiedlichkeit und dieses letztlich sehr, sehr effiziente Einsetzen von Ressourcen erzeugt letztlich ein, so wie ich denke und wie es du beschrieben hast, sehr schönes Erscheinungsbild.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:01:26] Genauso ist es. Also man muss auch vielleicht, wenn man sagt, als Bauherr nach vorne denken, ein Generalunternehmer würde alle diese Gedanken für einen übernehmen, sagen wir mal so. Also da gibt es, bevor gebaut wird, Pläne für alles mehr oder weniger. Das ist relativ klar durchgedacht, durchgetaktet. Bei so einem Altbau muss man sich einfach auch viel damit selber beschäftigen, wo muss man Energie reinstecken, wo muss man viel Arbeit reinstecken, dass es exakt oder genau wird und wo kann man es auch etwas mehr leben lassen und dadurch vielleicht auch Zeit sparen in der Erstellung, weil eine exakt gerade Wand zu mauern oder zu verputzen braucht mitunter auch viel Zeit.
Friedrich Idam:
[1:02:15] Ja, und vielleicht unnötig viel Zeit und vielleicht ein Ergebnis, wo sich die zu ebene, zu gerade Wand mit dem historischen Bestand beißt und wo es ja gar nicht zusammenpasst und es sogar schöner ist, die Gegebenheiten des Mauerwerks im Butz lesbar zu lassen.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:02:38] Ich vertrete diese Ansicht, dass es einfach zu so einem alten Haus passt, wenn die Wände entsprechend beschaffen sind und vielleicht auch noch zeigen oder erahnen lassen, was darunter vorgefunden wurde bei der Sanierung.
Friedrich Idam:
[1:02:54] Nachdem du jetzt die Grobputzarbeiten abgeschlossen hast, ist ja der nächste Vorgang der sogenannte Feinputz, wo du dann mit einem Mörtel, mit einer wesentlich feineren Sieblinie weiterarbeitest, wo der Feinputz ja auch eine andere Zusammensetzung, ein anderes Verhältnis zwischen Bindemittel und Zuschlagstoff besitzt. Wie bist du dann den nächsten Schritt angegangen, den Feinputz?
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:03:26] Nach dem Grobputz, der, wie der Name sagt, sehr grob ausgeführt wurde, also da ist auch noch kein Wert darauf gelegt worden, irgendwie zu glätten oder Ähnliches. Also im Gegenteil, wir haben versucht, die Wand eher rau zu gestalten, eben auch für die Haftung des Edelputzes.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:03:44] Bevor ich jetzt zum Feinputz gehe, ist, und das habe ich auch bei der Katause Mauerbach so erfahren und auch gesehen, es ist auch möglich, den Grobputz zu glätten. Man drückt quasi die großen Steine hinein und die feinen Anteile, die weicheren Anteile, bleiben an der Oberfläche. Dadurch entsteht glatte Oberfläche und die kann man auch, wenn man das auch handwerklich kann, also das ist sicher aufwendig, kann man auch so gestalten, dass man keinen Feinputz mehr braucht, also keinen Oberputz und diese Wand dann direkt auch mit beispielsweise Kalkfarbe ausmalen. Der Grobputz, also je nach Sandbeschaffenheit, bei mir ist der in einem Erdton, einen Braun und das würde sich dann natürlich, gerade wenn man freskal direkt mit einer Wandfarbe auf Kalkbasis drüber geht, mehrere Male.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:04:40] Meistens dreimal, wird das auch schon eine Oberfläche ergeben oder eine Wandoberfläche, die durchaus geeignet ist für einen Wohnraum. Wir haben uns dann trotzdem dazu entschieden, wie du sagst, einen Feinputz aufzubringen. Feinputz, Oberputz oder Edelputz, je nachdem wie man es jetzt nennen will, ist auch der erste Gedanke. Es gibt industrielle Produkte vorgefertigt, die man einfach nur mit Wasser anmischt und dann direkt aufziehen kann. Also das macht man eigentlich mit einer Glättkelle in einer sehr geringen Stärke. Ich würde mal sagen, irgendwo zwischen 2 und 5 Millimeter, je nachdem.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:05:21] Und das würde definitiv gut funktionieren mit diesen Produkten, kosten wieder viel. und ich war mir auch nicht sicher, sind Zuschlagsstoffe drinnen, die ich nicht will. Weil wenn man diesen Aufwand betreibt, der vergleichsweise gar nicht so hoch ist, das klingt jetzt irgendwie nach sehr, sehr viel Aufwand, das ist es aber nicht. Also es ist sehr einfach umzusetzen, das möchte ich hier eigentlich auch gerne betonen und dafür motivieren, das auch zu versuchen. Es ist eine schöne Arbeit, es macht Spaß und vor allem der Punkt, wo wir jetzt hinkommen, diesen Feinputz aufzubringen. Das ist der erste Moment, wo der Raum dann wirklich als Raum auch von der Anmut der Wände erscheint. Und das ist schon sehr, sehr schön auch zu sehen. Ich habe mich dafür entschieden, diesen Feinputz aus zum einen Sumpfkalk als Bindemittel zu machen. Also Sumpfkalk, wie ich gesagt habe, lösche ich in diesen Regentonnen ab und lasse ihn mal mindestens ein paar Tage stehen. Und dann hat man diese Pastenform des Sumpfkalkes und vermische den mit ungefähr vier Teilen, Also Marmorsand, also weißer Marmorsand mit einer Sieblinie von 0 bis 1 mm. Da würde ich auch empfehlen, nicht gröber zu gehen, weil es einfach in der Verarbeitung dann schwieriger wird.
Friedrich Idam:
[1:06:46] Und das ist ja ein wunderschön strahlend weißes Material.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:06:51] Das Schöne ist, man verwendet einen strahlend weißen Sumpfkalk, man verwendet einen sehr weißen. Also die Qualitäten, die man bekommt am Markt, sind sehr, sehr gut. Also ich kaufe das auch in Sackware zu 25 Kilo ein. Eine Palette fürs Obergeschoss, eine Palette fürs Untergeschoss. Das war es eigentlich.
Friedrich Idam:
[1:07:10] Woher stammt der Marmorsand?
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:07:12] Bin ich mir nicht ganz sicher. Es ist eine österreichische Quelle, das weiß ich. Ich denke Steiermark.
Friedrich Idam:
[1:07:17] Ich denke, das wird ein Sölker Marmor sein, weil in der Steiermark, in der Sölk, gibt es eben diesen ziemlich weißen Marmor, der manchmal ein bisschen dunklere Schichten hat.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:07:27] Ja, das würde passen mit Steiermark. Der hat wirklich eine sehr schöne Qualität. Das ist ein wunderschönes Material, dieser Marmorsand in Weiß, 0 bis 1 mm Sieblinie. Und wie gesagt, den kann man dann vor Ort, der Materialbedarf beim Feinputz, der ist natürlich ungleich geringer als beim Grobputz, was es sehr viel angenehmer macht. Also das ist eine wirklich wunderschöne Arbeit. Und man vermischt diese vier Teile Marmorsand mit dem einen Teil Sumpfkalk. Man braucht meistens nicht mal noch Wasser, also ein bisschen Wasser vielleicht, um die Konsistenz einzustellen, aber der Sumpfkalk an sich beinhaltet ja Wasser oder Feuchtigkeit. Und auch wiederum mit dem normalen Baumixer, das kann man auch theoretisch mit so einer Bohrmaschine durchrühren, der ist viel einfacher zu rühren. Und dann zieht man den mit einer Glättkelle auf.
Friedrich Idam:
[1:08:21] Es ist aus Stahl diese Glättkelle.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:08:23] Genau, das ist eine Stahl-Glättkelle. Da machen wir wirklich nichts mehr mit der Zahnkelle. Die hätte den Vorteil, dass man die Schichtdicke einstellen kann, weil es die Zähne schon ein bisschen vorfertigen, die Schichtdicke, aber das bekommt man so schnell ins Gefühl. Ich mache das definitiv gleich mit der Glättkelle, auch mit einer mit unter halben Meter breiten Glättkelle. Man zieht den einfach wirklich schön auf. Man bekommt das schnell ins Gespür, dass man diese 2 bis 5 mm circa Schicht hier hinbekommt.
Friedrich Idam:
[1:08:57] Arbeitest du da von unten nach oben oder von oben nach unten?
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:09:01] Immer von unten nach oben. Also beim Aufziehen muss man eigentlich von unten nach oben arbeiten, weil sonst würde die Erdanziehungskraft, das Material, es würde einfach immer hinunterfallen. Aber wir arbeiten eigentlich immer von unten nach oben. Und auch mal die ersten eineinhalb Meter, dann muss man eben wieder ein Gerüst, irgendeine Art von Gerüst bauen, damit man natürlich bis zum oberen Rand der Decke kommt. Man arbeitet es dann mit einer kleineren Glättkelle nach. und sobald der ein bisschen angezogen hat, kann man mit einem feuchten Schwammbrett verreiben. Den Punkt, den muss man herausfinden, wenn man es zu früh verreibt, dann verschmiert man alles. Wenn man es zu spät verreibt, dann wird es schon sehr kraftintensiv, würde ich mal sagen.
Friedrich Idam:
[1:09:48] Und wenn man zu viel reibt, fällt der Feinputz wieder herunter.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:09:51] Genau richtig. Also man tendiert ja vielleicht zur Perfektion, aber das muss man gar nicht. Also man verreibt und durch diese kreisenden Bewegungen kommt es einfach zu einer sehr schönen, homogenen Oberfläche. Wichtig bei dem Putz ist eben auch, dass man ordentlich vornässt oder dass der Grobputz noch relativ frisch, sagen wir mal eine Woche oder so, aufgetragen ist und noch viel Feuchtigkeit beinhaltet. Ansonsten ist das Zeitfenster für den Marmorsandfeinputz sehr klein. Also da würde ich dann empfehlen, wirklich ein Quadratmeter zu machen, Oberfläche fertig und dann weiterzugehen. Nicht mehr. Ansonsten zieht der so schnell an, dass man ein bisschen in Bedrängnis kommt. Also da wird es dann sehr kraftintensiv. Der braucht dann auch mehr Wasser am Schwammbrett und so. Das kann man alles vermeiden, wenn man einfach in kleineren Abschnitten vorgeht.
Friedrich Idam:
[1:10:47] Aber man kann, so wie du das beschreibst, du hast ja nicht das Maurerhandwerk gelernt. hast dir aber diese Technik selbst angeeignet.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:10:56] Also ich habe auch in der Familie viele Handwerker, Maurer etc. Ich bin auch so aufgewachsen, viel selber zu machen, Möbel zu bauen, Tischlerhandwerk, Maurerhandwerk oder viel auch zugesehen als Kind. Gewisse Dinge kennt man dann einfach. Aber ja, ich kann nur jeden motivieren, solche Dinge kann man selber machen, wenn man die Muße hat dafür. Also man muss es dann auch zu Ende bringen. Und die Flächen der Wände, das sind schon sehr, sehr viele Quadratmeter, das darf man nicht unterschätzen. Aber mit einem guten System, also wie gesagt, beispielsweise mein System mit den Drögen, die in den Räumen verteilt sind, für die Logistik ein gutes System und auch gute Rezepturen der Putze, ist das absolut machbar und macht auch viel Spaß. Das kann man auf jeden Fall erlernen. Natürlich ersetzt das nicht einen Handwerker mit viel Erfahrung. Also eine Fläche mal aufzuziehen ist möglich, ist relativ einfach.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:12:01] Die Nacharbeit sollte man schon auch ein bisschen ein Gespür für diese Arbeitsvorgänge haben. Wenn es jetzt zum Beispiel um das Verputzen von Laibungen, von Fenstern etc. Geht, da sollte man dann schon entweder man übt das und man lernt das oder man hat einfach einen Fachmann oder eine Fachfrau zur Hand, weil ja, also diese Fensterbereiche, die ohnehin funktionieren. Das sind schon kritische Bauteile, das sollte man schon vernünftig machen.
Friedrich Idam:
[1:12:31] Und Üben sollte man vor allen Dingen nicht an Prominentenstellen an der Wand, die sofort ins Auge fallen, sondern zum Üben sollte man sich Bereiche in den Räumen suchen oder Nebenräume suchen, wo man dann, wenn das Haus fertig, nicht den allerersten Blick drauf wirft.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:12:50] Ich habe auch viele Probeflächen verputzt, aber natürlich in Räumen, wie du sagst, die nicht so prominent sind. Und wenn man dann so weit ist, dass man zum Verputzen beginnt, dann unbedingt auch in einem Raum anfangen, der vielleicht nicht gerade die Küche ist oder das Esszimmer, wo man die Gäste empfängt, sondern da, wo es vielleicht nicht so wehtut, wenn es mal nicht so schön wird.
Friedrich Idam:
[1:13:10] Du hast in unserem Gespräch schon einmal den Begriff Frescal verwendet, kommt aus dem italienischen Alfresco ins Frische. Du hast letztlich ja auch als Ideal hervorgehoben, den Feinputz, wenn möglich, noch auf den feuchten, leicht angezogenen Grobputz und dann die Farbschichten, die Kalkfarbe wiederum in dem noch möglichst frischen Feinputz.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:13:41] Genau, also freskal, ich kann es jetzt nicht physikalisch erklären, warum es so ist, aber man liest es eigentlich fast überall, dass die Verbindung dieser Schichten besser wird. Und rein gefühlsmäßig, also ich spüre, ich vertraue da auch meinem Gespür bei
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:13:59] solchen Dingen, ja, das passt so. Also das macht Sinn. Aber ich glaube nicht, dass man es unbedingt friskal machen muss. Also ich bin mir sogar sicher, dass man nicht muss. Und ich habe es auch nicht überall geschafft, weil das ist dann auch immer eine Frage der Logistik. Wenn man alle Prozesse gerade auf Grobputz eingestellt hat, kommt man dann selten am nächsten Tag irgendwie mit dem Feinputz um die Ecke.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:14:23] Aber für die Farbe, also für den Auftrag der Kalkfarbe, natürlich haben wir dann Kalkfarbe verwendet, da muss man dann auch Kalkfarbe verwenden. Also jede andere Farbe, moderne Farbe wäre hier komplett fehl am Platz, rein von der Diffusionsoffenheit etc. Und dann haben wir uns eben mit dem nächsten schritt befasst zum einen ist dieser marmor sand feinputz der hat schon eine farbe wo wir eigentlich quasi schon zufrieden waren wenn der abgetrocknet ist braucht man eigentlich nur oberflächlich bleiben ein bisschen bleiben körner bleibt eine art sand schicht drauf die kann man einfach abkehren und dann, Bleibt eine wunderbare Oberfläche. Wir haben uns dann trotzdem dazu entschieden, dass wir für die Versiegelung der Wand noch eine Kalkfarbe aufbringen. Da haben wir dann aber einen anderen Kalk verwendet bzw.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:15:18] Den auch gemischt, weil wir wollten kein kaltes Weiß. Der Kalk, den wir verwenden, hat eine eher kaltweiße Farbe. Und wir haben uns dann bei der Katause Mauerbach auch, der wurde auch dort gebrannt, der kommt aus einer anderen geologischen Umgebung und wir haben uns dann von dort auch welchen geholt, Stück Kalk, der einfach mehr ins Warmweiße geht, also deutlich mehr. Der war mitunter auch stark verunreinigt, also es waren auch schwarze Klumpen drin beispielsweise, das kann man sich eigentlich fast nicht vorstellen für eine Wandfarbe.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:15:56] Aber beim Löschen bekommt man dann das Gefühl für diese verschiedenen Farbtöne, das ist fast ein bisschen künstlerisch. Da geht es wirklich um Vorlieben der Personen. Wir haben uns da einfach auf ein Mischverhältnis von diesem kaltweißen und diesem warmweißen Kalk geeinigt. Haben dann ungefähr ein Teil Sumpfkalk zu fünf, sechs Teilen Wasser vermischt. Da sollte man wirklich mutig sein und dünn arbeiten. Also man tendiert vielleicht, dass man den sehr dick anrührt, diese Farbe, weil man dann glaubt, das deckt besser. Das ist aber meiner Meinung nach ein Irrglaube. Also wir haben mit sehr, sehr dünner Farbe, wie Magermilch so ungefähr, gearbeitet. Das haben wir auch über den Experten bei der Kartause so gelernt. Und die dann einfach mit einem feinen, dichten Pinsel, mit einer Malerbürste im Prinzip in so einem Achterschlag. Also man macht dieses Unendlichkeitssymbol, diese liegende Acht. So streicht man diese Wand und das kann man auch selber. Also da kann ich auch nur dazu ermutigen, aber es macht Sinn, wenn man ein bisschen Personal auf der Baustelle hat, weil im Endeffekt...
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:17:07] Ja, sind es auch viele Wände zu streichen und die sollte man dann schon mit zwei bis drei Anstrichen versehen, mit circa einem Tag Pause dazwischen, würde ich mal sagen, oder zumindest einen halben Tag. Und das deckt aber gar nicht, also das sieht nur aus, als ob man die Wand nass machen würde. Es wird eigentlich schlechter, wird unterscheinend auch mal irgendwas vom Grobputz durch, Aber nach einigen Tagen erstrahlt die Wand dann einfach in einer schönen Kalkfarbe.
Friedrich Idam:
[1:17:38] Wenn eben dann der Karbonatisierungsprozess einsetzt. Eine Frage, hast du zum Kalkanstrich ein Zusatzmittel gegeben? Da gibt es ja Rezepte einerseits, dass man zum Beispiel Milcheiweistopfen dazu gibt, um eine caseinartige Wirkung zu erzielen. Ich kenne auch Rezepte, dass man in ganz geringen Mengen Leinölfirnis dazugibt. Hast du in dieser Richtung etwas dazugegeben?
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:18:09] Also da gibt es natürlich verschiedene Philosophien. Casein, da gibt es eine Art Leim. Also Casein ist ja immer dann, wo man irgendeine Klebefunktion erwirken will. Zum Beispiel als Grundierung beispielsweise im Altbau wird diese Variante verwendet. Auch Leinöl habe ich mich damit beschäftigt, aber auch nach Rücksprache mit dem Experten bei der Kartause habe ich mich dagegen entschieden. Also kein Zuschlagstoff. Weder Leinöl noch irgendein Kaseinprodukt wie Topfen. Wirklich nur Sumpfkalk in der Farbe mit Wasser einstellen, wie man das haben will.
Friedrich Idam:
[1:18:47] Alternativ zu dem von dir beschriebenen Achterschlag kenne auch ich noch die Streichrichtung 45 Grad diagonal und dann bei der nächsten Schicht in der Gegenrichtung. Abraten würde ich von vertikal-horizontal, weil man gerade dann, wenn die Wand im Streiflicht ist, den Pinselduktus, also so wie der Pinsel geführt wurde, sehr stark sieht und das bei diesen beiden beschriebenen Techniken, also Diagonal oder Achterschlag, nicht so stark der Fall ist.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:19:23] Genau, es wird deutlich homogener. Ich habe auch damals, also ich glaube in Südösterreich, Südwestösterreich wird auch dieser, wie du sagst, Vertikalschlag praktiziert. Das ist sicher deutlich schwieriger in der Ausführung. Also ich glaube, diese liegende Acht ist wahrscheinlich die einfachste Variante, um eine homogene Oberfläche zusammenzubekommen. Und das ist auch dann als Laie möglich. Know-how liegt sicher auch wieder in der Kalkfarbe an sich, wie man die dann einstellt.
Friedrich Idam:
[1:19:52] Jetzt sind die Räume fertig verputzt, fertig gestrichen und wenn du jetzt in diesen Räumen stehst oder wenn Freunde sind, die zu Besuch sind. Wie wirken diese Räume auf Menschen?
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:20:12] Ja, das ist sehr interessant. Also wir haben eben Grundprämisse, nur nachhaltige oder auch baugesunde Materialien zu verwenden. Das war uns sehr, sehr wichtig, darum eben dieser ganze Kalkaufbau an den Wänden. Die Zwischendecken sind aus Fichtenholz mit auch einem diffusionsoffenen Aufbau ohne Estrich, mit Polsterhölzern und Holzweichfaserdämmung und einem Lärchenboden, einem Vollholzboden mit 33 mm Stärke, also schon relativ massiv. Und ich habe einige Messgeräte in den Räumen verteilt, also mittlerweile wird das auch alles beheizt etc., weil auch schon Möbel drinnen sind und der Pfostenboden, der braucht ein konstantes Klima. Ich habe eigentlich fast konstante 47 bis 50% Luftfeuchtigkeit, was sehr gut ist und heize auf ungefähr 19 Grad, 19, 20. Das hängt ein bisschen damit zusammen, wie die Sonne scheint und auf welcher Seite das Haus man sich gerade befindet.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:21:17] Aber die generelle Rückmeldung von Gästen, die diese Räume betreten, ist einfach eine sehr positive. Es riecht ein bisschen nach Holz. Es hat ein sehr angenehmes Raumklima. Die Luftfeuchtigkeit ist meiner Meinung nach perfekt eingestellt. Also die stellt sich von selber ein, weil dieser Kalkputz hat eben durch seine Diffusionsoffenheit die Eigenschaft, er reguliert die Luftfeuchtigkeit. Also das ist für mich auch, was man simple smart nennen kann, dass dieser Putz diese Eigenschaft hat, ohne dass man irgendeine Steuerungsregelungstechnik dazu braucht. Und ja, es fühlt sich sehr natürlich an. Es ist ein sehr angenehmes Raumklima und das bestätigen uns eigentlich alle, die diese Räume betreten. Und ich bin fest davon überzeugt, dass das eine sehr nicht nur nachhaltige und regionale Bauweise ist, sondern auch eine sehr gesunde Variante ist, die auch viele Jahre Freude bereitet.
Friedrich Idam:
[1:22:16] Reinhard, ich danke dir sehr herzlich für dieses Gespräch, für die wirklich tiefen Einblicke, die du in deine Baustelle gewährt hast und vor allen Dingen auch für die Offenheit, mit der du deine Rezepturen, deine Erfahrungen, teilweise auch deine Fehlschläge an unsere Hörerinnen und Hörer weitergibst.
Reinhard Mair-Zeininger:
[1:22:43] Sehr gerne. Vielen Dank für die Einladung. Wie gesagt, ohne Gewehr, aber für mich hat sich das gut bewährt und ich freue mich, wenn ich auch andere dafür motivieren kann.
Friedrich Idam:
[1:22:54] Dankeschön.