Zum Thema Fußböden habe ich ja bereits zwei Episoden von Simple Smart Buildings gestaltet. Da ging es einmal darum, um den Holzstöcklboden und dann ging es um den Schiffboden aus breiten, dicken Massivholzdielen. Ich werde in die Shownotes zu dieser Episode einen Link zu diesen beiden erwähnten Episoden stellen. Heute geht es um einen Boden, um einen steinernen Boden. Ich habe in meinem Haus einige Böden aus Solnhofener Platten oder auch Kehlheimer Platten. Die beiden Namen rühren daher Kelheim, das ist der Donauhafen, von dem diese Platten dann donauabwärts verschifft werden und natürlich genau aus diesem Grund entlang der Donau große Verbreitung gefunden haben. Solnhofen, das ist der Name des Steinbruchs.
Das ist eine Jura-Formation und Solnhofen und Kelheim sind durch einen Fluss die Altmühl verbunden und das ist ja gerade bei diesen historischen Baustoffen immer der Wasserweg. Es war ja über Jahrtausende das Problem des Transports und der erfolgte in Europa bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts sehr, sehr häufig über dem Wasserweg und wurde dann erst durch den Eisenbahntransport, durch den Landtransport abgelöst. Diese Solnhofenerplatten stammen aus einer Jura-Formation, aus einem Sediment und die kommen natürlich in sehr dünnen Platten vor. Das heißt, sie sind sehr leicht in Plattenform zu gewinnen.
Weil die Gesteinsformation in einer sehr, sehr dünnschichtigen Bankung, also da gibt es Plattenstärken sehr, sehr dünne, die haben nur ein, zwei Zentimeter, bis die stärksten Platten sind etwa 30 Zentimeter stark. Und da gab es auch im Laufe der Geschichte unterschiedliche Verwendungen. Es wurden im 1900 aus den ganz dünnen Platten sogar Dachziegel hergestellt. Also da ist es möglich, wenn das Material noch bruchfrisch ist, Steine, das ist eine eigentlich schöne Analogie zum Holz auch.
Nasses Holz kann wesentlich leichter verarbeitet werden als getrocknetes Holz. Und bei Gesteinen ist es ähnlich. Bruchfrische Gesteine enthalten noch viel mehr Feuchtigkeit, können wesentlich leichter gespalten werden als Gesteine, die dann über Jahre ausgetrocknet sind. Und aus diesen dünnen, bruchfrischen Solnhofenerplatten wurden dann mit einer Art Stanze Dachziegel in Gestalt dieser typischen Biberschwanzziegel aus diesen dünnen Platten herausgestanzt, wurden dann auch noch mit einer Bohrung versehen und durch diese Bohrung konnte ein Nagel eingeschlagen werden und so konnten dann diese steinernen Dachschindeln auf den Dachlatten befestigt werden. Ein weiteres, sehr, sehr großes Anwendungsgebiet dieser Solnhofener Platten fand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts statt. Die sogenannte Lithographie, das ist ein Verfahren, das wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts entwickelt, Lithographie gehört zur Familie der sogenannten Flachdrucke. Und da braucht man eben sehr, sehr feinkörnige, sehr, sehr dichte und sehr, sehr reine Kalksteine. Und genau diese drei Bedingungen erfüllt diese Solnhofener Platte. Und dann wird mit einem relativ komplexen Verfahren, also es wird mit fetten Materialien in diese Kalksteinplatte, Spiegel verkehrt, gezeichnet, geschrieben, was immer man dann im Druck haben möchte.
Dieses Fettbild, also dieser Wechsel von Fett und Mager, erlaubt dann im Druckvorgang auf die befeuchtete Druckplatte nur dort Farbe aufzubringen, wo die fetten Stellen sind. Das heißt, es gibt keine Niveauunterschiede wie etwa beim Hochdruck oder beim Tiefdruck, sondern die Druckplatte ist in einer Ebene und nur durch unterschiedliche Fettgehalte wird dann unterschiedlich die Druckfarbe aufgebracht. Dieses Verfahren wurde dann in des 20. Jahrhunderts vom Offset-Verfahren abgelöst, das auf ähnlichen Prinzipien beruht, aber dann mit Aluminiumwalzen funktioniert und dann verloren diese Solnhofener Platten ihre Bedeutung.
Ich bin zu meinen Platten und ich nenne sie eben Kehlheimer Platten, denn meine Platten stammen aus Wien und zwar sind die Abbruchmaterial. Eine liebe Kollegin von mir hat eines Tages in einem Bauschutt-Container eine große Quantität alter Kehlheimer Platten entdeckt und hat die dann in einer Dump-Diving-Aktion diese Platten aus diesem Container gerätet, selbst relativ viel davon verarbeitet und einen Restposten mir freundlicherweise überlassen. Und diese historischen Kehlheimer Platten, also die große Blüte der Kehlheimer Platten, es gibt erste Belege lokal in Solnhofen, also da gibt es romanische Bauwerke, wo sie schon lokal verwendet wurden, aber die große Verbreitung der Platten findet erst in der Barockzeit im 18. Jahrhundert statt.
Und da waren die wirklich das große Modegestein und dann die, Bauboom des 19. Jahrhunderts in Wien, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, also in Biedermeier, da wurden sehr, sehr viele Kehlheimer Platten verlegt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die dann abgelöst einerseits durch istrisches Kalksteinmaterial, das dann mit der Bahn nach Wien gebracht werden konnte, beziehungsweise kommen dann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Bodenplatten einerseits aus Steinzeug, also keramische, diese sehr weit verbreiteten Platten der Gebrüder Schwadron, aber auch schon natürlich mit Zement gebundene Kunststeine in den Verkehr. Und ich hatte eben dieses Glück, solche Platten zu bekommen, die aus einem Gebäude herausgebrochen wurden, in völligem Unverständnis der Qualität dieses Materials in einen Baucontainer geworfen wurden und gerettet wurden. Also es ist ein Reuse. Und so das Standardformat war ein Fuß mal ein Fuß, also 30 mal 30 Zentimeter. Es gibt aber dann auch größere Standardformate. Da hat man früher schon sehr genau geschaut, in welchem Verhältnis ist die Plattengröße zu den Räumen. Also in den großen Repräsentativräumen, da wurden quadratische Platten mit der Größe eineinhalb, manchmal sogar zwei Fuß Seitenlänge im Quadrat verwendet. Und im Standardbau in den Mietshäusern, in den Zinshäusern des Biedermeiers, da wurden diese Platten mit einem Fuß mal einem Fuß, also 30 mal 30 Zentimeter verwendet. Diese originalen Platten, die haben eben auch diese Bruchkante, die sind eben auch nicht geschnitten, die wurden ähnlich wie die Biberschwanzdachschienen mit einem speziellen Verfahren im Bruch frischen Zuschlag manuell auf Format gebracht. Da gibt es natürlich leichte Abweichungen, die sind natürlich nicht so wie unsere heutigen Platten, die mit Diamantzehen kalibriert werden. Und das Zweite ist natürlich auch die unterschiedliche Stärke. Also ich habe dann Platten, die ich bekommen habe, die sind geschwankt. Also die dünnste war so etwa zweieinhalb Zentimeter, so ein Zoll stark und die stärkste war fast neun Zentimeter stark. Also es war dann natürlich auch beim Verlegen eine Herausforderung, einerseits die unterschiedlichen Formate zu verlegen, da habe ich lange getüftelt.
Es hat mir dann aber auch wirklich Spaß gemacht, genau mit diesen unterschiedlichen Formaten ein schönes Fugenbild zu zeigen. Ich muss jetzt noch ergänzend dazu sagen, es gibt auch die Halbformatplatten, also es gibt genau, um versetzte Fugen zu bekommen, gibt es dann eben auch Platten, die nur einen halben Fuß bzw. Einen Dreiviertelfuß breit sind, also die im Seitenverhältnis 1 zu 2 sind und so bekommt man dann um eine halbe Plattenbreite versetzte Fugen. Und aus diesem Material habe ich einerseits im Bild getüftelt, wie kann ich mit diesem vorhandenen Material ein interessantes Fugenbild erzeugen und andererseits natürlich die unterschiedliche Stärke.
Und da gibt es bei der Verlegung nur die Möglichkeit des sogenannten Dickbettmörtels. Das heißt, heute werden ja Fliesen, Steinplatten alle teilweise schon auf Zehntel Millimeter genau kalibriert und die werden dann in hauchdünnen Kleberschichten verklebt. Die Kleber sind aber so fest und so kraftschlüssig, dass eine Zweitverwendung, also ein Herauslösen der Platten nicht mehr möglich ist. die Verlegung im Dickbettmörtel. Also die waren ja ursprünglich in Biedermeier auch in einem sehr mageren Dickbettmörtel verlegt. Und sie konnten zum Großteil beschädigungsfrei herausgenommen werden. Und in diesem Prozess habe ich weitergearbeitet, denn man sollte nie davon ausgehen, dass das, was man baut, für ewig halten wird. Also die Geschichte lehrt uns, dass das, was man baut, das, was man schafft, nur temporär ist, dass das meiste auf der Müllhalde landet.
Dass vielleicht die besten Dinge überleben und es überleben natürlich dann auch nur solche Konstruktionen, die leicht lösbar sind und wieder zweitverwendet werden können. Und in dieser Tradition habe ich eben auch gearbeitet. Einer dieser Böden liegt in einem Kellerraum. Da ist der Untergrund, der natürliche Boden, der gewachsene Felsen, den ich auf ein Rohdeckenniveau heruntergeschrämmt habe. Dann habe ich auf diesen Felsen eine Fußbodenheizung verlegt, in dem Fall eine elektrische Fußbodenheizung, weil diese Kehlheimer oder Solnhofnerplatten sind durch ihre Dichte natürlich sehr flink als Fußbodenheizungen geeignet. Das heißt, die leiten die Wärme sehr schnell und das ist ja teilweise erwünscht, wenn man sehr schnell eine Erwärmung des Bodens erzielen will, dass diese Wärmediffusivität, also dieser Quotient Speichermasse und Wärmeleitfähigkeit sehr ungünstig. In dem Fall ist natürlich das Ungünstige das Günstige und die Temperatur der Fußbodenheizung kommt dann relativ schnell an der Oberfläche an, obwohl die Steinblatte eine relativ hohe Masse hat. Also wir liegen da etwa in der Liga von 2,6 Kilogramm pro Kubikdezimeter.
Diesen Dickbettmörtel habe ich als Kalkmörtel ausgeführt, also das heißt: Vier Teile Sand. In dem Fall ist es immer gut, einen sogenannten scharfen Sand, also einen kantkörnigen Sand zu verwenden. Denn wenn ein kantkörniger Sand, der gleitet weniger rundkörniger Sand, das ist wie ein Kugellager. Das heißt, wenn Sie Steinplatten, wenn Sie Steine in einem Mörtel aus rundkörnigem Sand verwenden, dann rutscht das sehr leicht. Der scharfe, der kantkörnige Sand, Der bleibt wesentlich stabiler. Ich habe also etwa vier Teile scharfen Sand verwendet, dazu einen Teil Bindemittel und auch der Bindemittelanteil, da waren 90% des Bindemittels Luftkalk, also Calciumhydroxid, Weißkalk, Sumpfkalk und die restlichen 10% des Bindemittelanteils, Da habe ich einen niedrighydraulischen Kalk verwendet, also einen sogenannten NHL-Kalk. Also das NHL steht für Natural Hydraulic Lime. Und dieser NHL-Kalk, der wird hergestellt, das Ausgangsprodukt ist Mergel. Das heißt, das sind am häufigsten, am meisten vertreten Calciumcarbonat. Dann sind aber auch Tonminerale dabei und dann sind auch Silikate dabei. Der wird höher gebrannt als Kalk, also NHL wird etwa im 1000-Grad-Bereich gebrannt, im Gegensatz zum Portland-Zement, der auf 1400 Grad gebrannt wird, und Kalk, da gibt es ja verschiedene Philosophien, etwa 800 Grad. Also in diesem Zwischenbereich wird der gebrannt, und da gibt es einerseits diese klassischen Prozesse des Kalkanteils, dass das Kalziumkarbonat auf Kalziumoxid herunter reduziert wird, also dass das CO2 ausgetrieben wird. Andererseits reagieren aber dann beim Brand die Tonmineralien bzw. die Quarz, die Siliziumanteile, so dass sich durch das starke alkalische Klima des Kalziumoxids dann Aluminatverbindungen und Silikatverbindungen bilden. Und dieses Bindemittel reagiert dann hydraulisch. Hydraulisch bedeutet, es reagiert auch unter Luftabschluss mit dem Wasser, mit dem Anmachwasser des Mörtels. Und genau bei diesem Boden war diese Überlegung, denke ich, schon sehr wichtig, denn die Platten sind sehr dicht, die Fugen sind sehr dünn und daher kann ja dann, wenn der Boden einmal verlegt ist, nur in geringsten Mengen CO2 wieder zum Calciumhydroxid dazu. Also dieser Karbonatisierungsprozess des Luftkalks, der geht sehr langsam. Also da sprechen wir definitiv von Jahrzehnten. Und um eine relativ frühe Stabilität dieser Mörtelmatrix zu erzielen, habe ich beim Bindemittelanteil 10% dieses NHL-Kalks dazugegeben, der hydraulisch reagiert und eben auch unter Luftabschluss fest wird. Und das hat sehr gut funktioniert.
Die Fugenmasse fürs Ausfugen, die ist zusammengesetzt aus einem sehr, sehr feinen Quarzsand, den ich dann mit Luftkalk, also mit Calciumhydroxid vermischt habe. Und auch hier ist wieder dieser Effekt, dass in dem alkalischen Klima auch nicht nur Karbonatisierungsprozesse passieren, sondern dass sich auch mit dem silikatischen Zuschlag Calcium-Silicate bilden und auch sehr stabile Verbindungen. Ich finde das Fugenbild insofern auch sehr schön, weil durch das händische, durch diese manuell hergestellte Form der Platten ist eben nicht eine scharfe, geradlinige Plattenkante und damit Fuge, sondern das ist eine sehr lebhafte, sehr schöne, aber dennoch sehr feine Fuge. Die Platten sind erstaunlich genau gearbeitet und ich habe mich dann bemüht, auch mit Unterstützung, da nahm ich mir die professionelle Unterstützung eines Maurers, der diese Platten sehr gut legen konnte. Also das war Teamwork und da ist es gelungen, die wirklich sehr, sehr feinfugig zu verlegen, was denke ich ein sehr eleganter Boden geworden ist. Ich habe diese Böden aus diesen Kehlheimer Platten nicht nur in der Waschküche verlegt, ich habe sie auch in einem WC verlegt. Bei diesem WC eine ganz ähnliche Situation.
Also auch hier der natürliche Boden, der natürliche Felsboden, das ist aus dem Felsen herausgeschremd. Auch hier eine Fußbodenheizung, wo ich mir den Luxus erlaube, die auch im Sommer zu betreiben, weil dieser Raum, dieses WC an der Felswand ist und da wird es im Sommer oft zu feucht und um das trocken zu bekommen, heize ich diesen Boden auch im Sommer und es ist vielleicht eine gewisse Verschwendung, es ist vielleicht ein Luxus, Aber manchmal denke ich mir, wegen Frieren, ja natürlich, man sollte Energie sparen.
Aber ich denke, frieren kann ich im Grab auch noch genug. Also ein bisschen Komfort möchte ich schon. Und es ist nicht nur mein Empfinden, also auch alle Menschen, die auf Besuch sind, nehmen im Sommer, wenn sie barfuß sind, diesen warmen Boden im WC positiv wahr. Und ich bekomme da eigentlich sehr viele positive Rückmeldungen. Und dann gibt es noch etwas, und das finde ich auch eine sehr, sehr schöne Restelverwertung. Natürlich gehen manchmal Platten zu Bruch. Und dieser Kehlheimer Bruch, das sind oft dreieckige, polygonale Formen und man kann aus diesem Kehlheimer Bruch, denke ich, auch wieder sehr schöne Böden herstellen und das ist so eine Art, also diese Technik, die ist verwandt mit dem Steinmauern. Also das ist auch so ein Puzzle.
Und das habe ich an einer Stelle auch im Bereich des Felsen dadurch die ganzen Bruchstücke auf so ein Kehlheimer Puzzle verarbeitet. Und ich muss auch sagen, das hat mir richtig Spaß gemacht und da wird man ähnlich wie beim Steinmauern definitiv süchtig, dann wirklich diese Bruchstücke möglichst dicht mit möglichst kleinen Fugen zusammenzufügen. Und auch für diesen Kehlheimer Bruch, denke ich, gibt es ein sehr schönes, prominentes Beispiel in Wien bei der Staatsoper. Die Arkaden, die haben alle Bodenbelege aus Kehlheimer Platten und da sind lediglich die Randeinfassungen, die sind aus quadratischen Platten gefertigt und die großen Felder sind aus diesem Kehlheimer Bruchmaterial. Also da denke ich einerseits die Idee der Zweitverwendung, also Kehlheimer Platten so einzubauen, dass sie möglichst oft verwendet werden können und darüber hinaus auch noch die Bruchstücke, den Abfall, die Restl zu verwerten und dann kein minderwertiges Produkt herzustellen, sondern durch die Herausforderung dieses Puzzlespiels besonders interessante Flächen zu schaffen.