Eine Hörerin schreibt mir, wir leben in einem Haus aus 1880, nicht denkmalgeschützt, dessen Fassade, die bereits vor Jahren abgeschlagen worden ist, da defekt nun mit einem Sumpfkalkputz erneuert werden soll. Im Zuge dieser Gespräche tauchte natürlich das leidige Thema der Dämmerei auf, das ich bisher völlig ausgeblendet hatte, da mir die Vorstellung, 60 cm dickes Mischmauerwerk im Erdgeschoss und 50 cm Ziegelmauer im Obergeschoss in einen Mantel zu stecken, immer zuwider gewesen ist. Der Aufwand einer Dämmung macht aus meiner Sicht aber nur Sinn, wenn dies auch zu einer kommenden Energieeinsparnis führen kann. Als ich erfahren habe, dass die Art, wie heute Energieausweise gerechnet werden, für alle Mauern eigentlich ungeeignet ist, war ich völlig ratlos. Vielleicht können Sie mir da weiterhelfen. Dazu ein Gedanke zur Gebäudehülle.
Vereinfacht betrachtet besteht die Gebäudehülle aus sechs Flächen. Die Bodenfläche des Gebäudes, die vier Fassadenflächen und die oberste Geschossdecke. Diese sechs Gebäude-Hüllflächen erfordern aber jeweils eine ganz spezifische bauphysikalische Betrachtung und müssen in den unterschiedlichen Jahreszeiten in der Sommer- bzw. In der Wintersituation ganz andere Aufgaben erfüllen. Die beiden horizontalen Flächen, die Bodenfläche und die oberste Geschossdecke, die denke ich, sind relativ einfach. Die Bodenfläche, die erdberührende Bodenfläche, die sollte im Idealfall in der Wintersituation die Erdwärme ins Gebäude lassen und sollte in der Sommersituation ihr Kühlpotenzial entfalten können. Da gibt es Möglichkeiten, das relativ einfach zu bewerkstelligen. Die oberste Geschossdecke, die funktioniert so wie der Deckel auf einem Topf, der am Herd steht und in dem das Wasser kocht. Mit diesem Deckel können Sie gerade in der Wintersituation die Wärmeströme, die sich nach oben bewegen, sehr gut eindämmen. Aber die oberste Geschossdecke sollte im Sommer auch das Gebäude vor der Überhitzung von oben schützen. Wenn über der obersten Geschossdecke ein unbeheizter Dachraum vorhanden ist, ein Dachraum, der gut durchlüftet ist.
Dann lässt sich auch die oberste Geschossdecke bauphysikalisch und mit relativ einfachen Maßnahmen gut in den Griff bekommen. Dazu kommt, dass die erdberührende Bodenfläche und die oberste Geschossdecke im Regelfall keine Öffnungen besitzen, dass die einheitlich geschlossen sind.
Ungleich schwieriger ist es bei den vier Fassadenflächen. Die haben Öffnungen, die besitzen Fenster und die sind nach unterschiedlichen Himmelsrichtungen ausgerichtet. Die Südfläche soll im Sommer die Besonnung abhalten, soll aber im Winter in der Lage sein, die passiven Wärmegewinne der Solarstrahlung aufnehmen zu können. Ganz anders die Nordseite. Die Nordseite, die sollte im Winter tatsächlich möglichst gut gedämmt sein, da soll möglichst wenig entweichen. Dann gibt es die Sondersituation der Westseite, wenn die Sonne tief steht im Sommer und warm ins Gebäude scheint. Und diese Fassade, das ist die ganz, ganz große Herausforderung. Die Anforderungen, die im Sommer und im Winter so unterschiedlich sind. Und über diese Dämmung der Fassade, über diese Maßnahmen, da plane ich für die nächste Episode ein Gespräch mit meinem Kollegen Günther Kain, in der wir dieses Thema vertiefen wollen.