Simple Smart Buildings

Simple Smart Buildings

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Das Muster 157, der Mustersprache von Christoph Alexander, das Muster heißt Werkstatt im Haus, zeigt für mich eigentlich sehr schön, wie Probleme weiträumig zusammenhängen, wie sich Probleme im städtischen Bereich, im urbanistischen Bereich, im Bereich des Städtebaus letztlich im Haus abbilden. Wie dieses Netzwerk der Muster ineinander greift. Ich gehe jetzt in meine Erzählung zurück in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts.

1933 trafen sich beim Kongress der modernen Architektur in Athen die damals führenden Urbanisten, Städtebau, Städteplaner, Architekten und überlegten sich, wie soll die Stadt der Zukunft ausschauen. Die Probleme damals waren eine Industrie und eine industrielle Produktion, wo noch wirklich schmutzig und laut produziert wurde. Und es gab natürlich dramatische soziale Verhältnisse, wo die Arbeiter in unmittelbarer Nähe der Fabriken wohnten, wo es laut war, wo wirklich ungehemmt Emissionen in die Luft geblasen wurden. Und damals versuchte man den Weg zu gehen, zu trennen, zu sagen, ich trenne die Wohnhabitate von den Arbeitshabitaten und dort, wo die Menschen wohnen.

Da ist es ruhig und dort, wo gearbeitet wird, ist der Dreck. Wir sind natürlich jetzt einen anderen Weg gegangen und haben eigentlich unsere Industrie zumindest in Europa so weit verändert, dass die Emissionen minimiert sind, dass man sogar wieder neben Industrien wohnen kann. Aber vor allen Dingen hat sich auch unsere Produktionsweise verändert und wir verändern uns immer mehr zu einer Dienstleistungsgesellschaft, wo die Arbeit viel weniger Lärm, viel weniger Schmutz emittiert. Also diese Veränderungsprozesse haben stattgefunden, anders als es die Städteplaner in den 1930er Jahren erwartet haben. Damals war die Lösung, Trennen zwischen Wohnen und Arbeiten reine Wohnstädte, Schlafstädte zu schaffen und die Verknüpfung dieser verschiedenen Habitate sollte durch das Auto stehen. Also die autogerechte Stadt war eines der ganz wesentlichen Ziele, was dann in dieser Charta von Athen, von diesem Kongress Siam propagiert wurde. Das fand natürlich mit dem damals visionären neuen Auto statt. Also man plante die autogerechte Stadt, man sah den Individualverkehr.

Das war die 1930er Jahre ja der Beginn der Motorisierung und der Beginn des Individualverkehrs, darin sah man die Lösung. Man plante dann Städte und wir kennen ja Städte, die nach diesen Plänen angelegt wurden, wie etwa von Oscar Niemeyer Brasilia, aber auch der Schweizer Architekt Le Corbusier entwickelte zum Beispiel für Paris den sogenannten Plan Voisin, ein Automobilfabrikant, der Le Corbusier gesponsert hat, um eben Paris so umzugestalten, die ganze alte Substanz niederzureißen, breite Stadtautobahnen anzulegen. Was dann natürlich, Gott sei Dank muss man heute sagen, in diesem Umfang nicht passiert.

Die Kritik an diesem Stadtmodell, dieser extrem steigende Individualverkehr auch in den nicht autogerechten Städten, brachte bereits in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in den 1960er, 70er Jahre, starke Kritik an diesem Modell. Und einer der ersten Kritiker war der Philosoph Leopold Khor. Leopold Kaur hat österreichische Wurzeln. Leopold Kaur war ursprünglich Salzburger, emigrierte vor der NSR zuerst nach Kanada, dann in die USA und lehrte letztlich in Puerto Rico, in San Juan Wirtschaftswissenschaften. Und von Leopold Krohr gibt es aus den späten 60er, frühen 1970er Jahre eine Artikelserie über die Probleme der Stadt. Und diese Artikel sind in einem sehr schönen Buch zusammengefasst. Ich werde den Literaturhinweis in die Shownotes stellen. Was sie im Chor schon vorschlägt und das ist letztlich die vorindustrielle Stadt, wo eben Handwerk, Arbeit, Wohnen, Familie durchmischt war, wo alles in einem Haus, in einem Distrikt stand. Und neue städtebauliche Modelle propagieren ja diese Multi-Residential-Districts, wo genau das wieder umgesetzt wird. Wir müssen natürlich schauen, dass wir Arbeitsstätten, die nach wie vor Lärm erzeugen, Arbeitsstätten, die Schmutze emittieren, dass wir die natürlich aus den Wohngebieten draus halten. Aber wir können auch unsere Flächenwidmungspläne durchaus so adaptieren, dass wir sagen, Arbeitsstätten, die den Menschen, die dort wohnen, nutzen, die kurze Wege erzeugen, dass man eben sich nicht mehr ins Auto setzen muss, um irgendwo etwas zu erlangen, sondern dass man das fußläufig in seiner unmittelbaren Nähe bekommt, steigert ja die Lebensqualität. Nach dem Corona-Lockdown und dem damit verbundenen Homeoffice ist ja.

Davon etwas übrig geblieben. Es findet ja jetzt viel mehr Arbeit statt. Homeoffice ist selbstverständlicher geworden und Arbeitsstätten, Werkstätten in den Häusern sind natürlich auch Büros. Ich persönlich bin in einem kleinen holzverarbeitenden Gewerbebetrieb aufgewachsen und da war die Werkstatt beim Haus absolut selbstverständlich. Die Werkstatt war natürlich mehr als ein Hopi-Raum. Das war natürlich ein Ort, wo tatsächlich produziert wurde.

Wo Objekte hergestellt wurden, aber auch, wenn etwas im Haus zu reparieren war, die eigenen Möbel, das wurde alles in dieser Werkstätte hergestellt. In dem Haus, in dem ich jetzt lebe, habe ich beides. Da habe ich einerseits mein Büro, in dem sitze ich gerade, dem nehme ich jetzt gerade diese Episode auf, aber daneben auch eine Handwerkstatt, wo eine Hobelbank steht, wo eine Schleifmaschine steht, wo ein Schraubstock steht, wo ich die Werkzeuge habe, in der Lage bin, wenn beim Haus irgendeine Reparatur ansteht, dass ich die selbst machen kann und darüber hinaus natürlich auch die Möglichkeit zu kreativen Arbeiten, zu handwerklichen Arbeiten und das hat in meinem Leben eigentlich immer eine ganz, ganz wichtige Position eingenommen. Dieses handwerkliche Tun, dieser Typus des Homo Faber, der erzeugende, der machende Mensch, das ist mir persönlich sehr wichtig. Ich denke, es wird in Zukunft immer wichtiger werden, eben auch in den Häusern zu arbeiten, weil natürlich dann auch völlig andere Prozesse entstehen. Es entstehen einerseits die sozialen Interaktionen nach außen, also diese Werkstätte im Haus, die sollte natürlich mit dem öffentlichen Raum verbunden sein. Da soll es eine Tür zum Weg zur Straße geben, vielleicht ein Fenster, wo dieser Blickkontakt hergestellt ist. Die Werkstatt muss nicht unbedingt im Haus sein, die kann am Haus sein. Gerade hier im Hallstatt im Oberösterreichischen Salzkammergut ist es traditionell neben den Wohnhäusern ein sogenanntes Werkstadel, eine kleine Werkstatt in einer meistens Holzkonstruktion in einer Holzhütte neben dem Haus zu haben, wo genau diese Kreativität, aber auch diese Notwendigkeit der handwerklichen Alltagsbewältigung natürlich im Sinn der Simple Smart Buildings und jetzt nicht nur Buildings, auch aufs Mobiliar, auf die Haustechnik, auf die Einrichtung der Häuser bezogen, wo man sich so viel selber machen kann. Ich denke, es verändert aber auch die Struktur nach innen in der Familie.

Wenn Arbeit nicht anonym aus dem Haus ausgelagert ist, sondern wenn die Kinder sehen, was man arbeitet. Und wenn ich jetzt an meine Kindheit zurückdenke, für mich war es völlig klar, was meine Eltern gearbeitet haben, was meine Mutter gearbeitet hat, was mein Vater gearbeitet hat. Ich bin damit aufgewachsen und habe völlig automatisiert im Aufwachsen einfach die verschiedensten Handwerkstechniken von meinen Eltern gelernt. Und bin heute rückblickend sehr glücklich und auch sehr dankbar, dass ich das so gelernt habe und dass ich so sozialisiert wurde. Und solche Sozialisierungen, die brauchen natürlich gebaute Strukturen und die gebaute Struktur, die das unterstützt, das ist die Werkstatt im Haus oder die Werkstatt neben dem Haus.

Über diesen Podcast

Simple Smart Buildings steht für Gebäude die einfach und dauerhaft gebaut sind. Für die Generationen vor uns war es ganz normal mit einfachen Mitteln dauerhafte Gebäude zu errichten. Diese Art zu bauen hat sich über Jahrhunderte bewährt und wir können daraus lernen. In den verschiedenen Regionen entwickelten sich aus lokal vorhandenen Baustoffen resiliente Baukonstruktionen und Gebäudetypen, welche Jahrhunderte überdauert haben und gerade deshalb immer noch eine hohe Nutzungsqualität bieten. Dieser Podcast erzählt von Möglichkeiten einfach gut zu bauen.

Feed-URL
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von und mit Friedrich Idam und Günther Kain

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